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Vater übergibt seinem Sohn Firma

Von Holger Zimmer 07.08.2008, 16:15

Uichteritz/MZ. - "Es wird weitergehen wie bisher", sagt Raik Sturm. Der Uichteritzer hat von seinem Vater Günter die gleichnamige Stellmacherei, Zimmerei und Tischlerei übernommen. Der 37-jährige gelernte Stellmacher hat deshalb extra in den vergangenen Jahren weitere Prüfungen als Zimmerer und Tischler abgelegt, um auch zukünftig das breite Spektrum der Arbeiten anbieten zu können. Er werde aber selbstverständlich von seinem Vater unterstützt. Dieser kümmert sich nach wie vor um die Werkstatt und erarbeitet wie der Sohn Angebote. "Aber ich muss mit 61 Jahren nicht mehr die schwere Arbeit auf der Baustelle erledigen, wenn es Jüngere gibt", sagt dieser.

Früher galt Günter Sturm als einziger ostdeutscher Stellmacher mit Abitur. Weil Privatbetriebe zunächst nicht ausbilden durften, hatte er die damalige Goethe-Oberschule besucht und mit 19 Jahren recht spät mit seiner Lehre begonnen. Auf einem Foto, das der Senior zeigt, ist er als Dreijähriger mit Schürze und Hammer zu sehen. Denn zufassen durfte er beizeiten und hat zum Beispiel Ackerwagen gestrichen. Aber auch, wenn es in der Ski-Produktion vor Weihnachten Hochdruck gab, musste er ran.

Ähnlich ist Raik Sturm in den Beruf hineingewachsen. Er musste ebenfalls schon die Werkstatt mit aufräumen und einfachere Arbeiten erledigen. Als 16-Jähriger begann er ein Jahr vor der Wende seine Ausbildung. Damit bekam der junge Mann noch jene Zeit mit, in denen Arbeiten ausschließlich für den Bevölkerungsbedarf in der Gewerbegenehmigung festgeschrieben waren. Es galt eine Preisliste von 1955, die 2,82 Mark Stundenlohn feslegte. Reparaturen an Lkw-Aufbauten für Kraftverkehr, Brauerei und Handelstransport nahmen ab, doch die Lücke wurde mit dem Bau von Treppen, Toren und vor allem Massivmöbeln geschlossen. "Vier Jahre Vorbestellung gab es für einen Tisch", sagt Günter Sturm. Auch Küchenregale entstanden, wurden für die Herstellung gewundener Stäbe Werkzeug samt Maschine entwickelt.

Die Kleinmöbel wurden in einem Geschäft an der Promenade in Weißenfels ausgestellt, das man noch 1989 einrichtete. Reichten die Produktionsräume nach dem Umzug 1986 von der Mittelgasse 9 in die Nummer 21 aus, wurde es nach der Wende zu eng. Die so genannte Konsumgüterproduktion brach völlig weg, weil es laut Günter Sturm plötzlich alles zu kaufen gab. Dafür wurden nun verstärkt Dachstühle gebaut, doch für die musste sogar zeitweilig die Straße gesperrt werden. Die Lösung bot sich dann mit leer stehenden Rinderställen auf dem Mühlberg an. Davon werden zwei als Lager beziehungsweise Werkstatt genutzt. Allerdings musste der Boden in letzterer einen Meter ausgehoben werden, um darin überhaupt arbeiten zu können. Der Umzug dorthin fand 1997 statt, wobei zuvor Auflagen nach Sanitär- und Aufenthaltsräumen mit einem Anbau realisiert werden mussten. Inzwischen kann Günter Sturm sagen: "Bleibt die Auftragslage, wie sie ist, erleben wir 2013 nicht nur das 100. Jubiläum, sondern mein Sohn kann auch noch das 125. feiern." Was den Senior da so sicher macht, ist die Tatsache, dass man nach dem Ende der DDR bodenständig geblieben sei und selbst kleinere Aufträge für die Leute erledigt habe. Derzeit besteht die kleine Belegschaft aus sieben Mitarbeitern, ist nach Jahren wieder ein Lehrling eingestellt worden, um das Team zu verjüngen, wie der Senior sagt.