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Urgestein zieht Register im Gewimmel

Von BÄRBEL SCHMUCK 02.05.2010, 16:00

WEISSENFELS/MZ. - Klaus Machemehl und Siegfried Ziemer gehören am 1.-Mai-Feiertag zu den gut 60 Handel- und Gewerbetreibenden des Weißenfelser Frühlings-Bauernmarktes. "So stelle ich mir einen Markt vor, das ist einer nach meinem Geschmack", sagt Fleischer Machemehl aus Erfurt anerkennend beim morgendlichen Schwätzchen am Sonnabend mit dem Weißenfelser Glas- und Porzellanhändler Ziemer.

Danach füllt sich der Platz vor dem Rathaus mit Schau- und Kauflustigen Schlag auf Schlag. Kunden aus dem gesamten Burgenland- und aus dem Saalekreis gehen beim Bummeln gezielt auf Suche nach Pflanzen, Kräutern und Gewürzmischungen. Frauen und Männer aus Gärtnereien sowie Gästeführer vom gleichnamigen Verein haben den Platz vor dem Rathaus in ein Meer von Sommerblumen-Pflanzen verwandelt. Und die Kunden lassen sich nicht lange bitten, suchen Duft- und Edelpelargonien von Knall- bis Rosarot, Pink bis Lachsfarben und Weiß zum Bepflanzen für ihr Zuhause aus.

Am Stand von Aron Lutsches Gartenbaubetrieb aus Granschütz gehen Tomatenpflanzen weg wie warme Semmeln und sind zudem die Blumen so gefragt, dass Vater Arnd Lutsche für Nachschub sorgt und den Sohn mit frischer Ware beliefert. Die getopften Pflanzen hievt der Senior vom Kleintransporter in die Schubkarre und fährt sie direkt zum Verkaufsstand. Heiß begehrt sind Töpfe mit Rosmarien und Schnittlauch, seltene Stauden und junge Salatpflanzen von Kerstin Müller aus Heldrungen. "Schon meine Eltern haben Ware nach Weißenfels gebracht und sind gerne hierher gekommen", plaudert die Thüringer Gärtnersfrau.

Reißenden Absatz finden die Teesorten, Gewürzmischungen und Kräutersalben von Oliver Heinrich aus Taucha bei Leipzig. "Ob im Frühling oder im Herbst, der Bauernmarkt ist von der Stadt gut organisiert, ich komme seit Jahren und genieße die Atmosphäre", lobt Heinrich. Mittendrin im Gewimmel der mit vollen Beuteln bugsierenden Käufer ist Marktfrau Regine aus Landsberg bei Halle. Die Unterhaltungskünstlerin wird nicht müde, alle Register ihres Akkordeons zu ziehen, Trompete zu spielen, zu singen und dann wieder die Glocke zu schwingen. "Ich bin jetzt 68 Jahre alt, doch ich mach noch lange nicht Schluss, denn ich bin gefragt bis zum Abwinken", sagt die singende Marktfrau alias Regina Kollin im rot-weißen Kostüm beim kurzen Plausch mit der MZ.

An diesem Vormittag leistet sie Schwerstarbeit, die Stadt hat wegen ihrer prekären Haushaltslage das Bühnenprogramm eingespart. "Das Programm ersetzt die Regine locker", zollt ihr Renate Steinecke aus Weißenfels ein dickes Lob. "Die Marktfrau, die ist spitze, ein richtiges Urgestein", urteilt Alfred Schumann aus Rössuln.

Franz Matuschke, der mit Frau und Schwiegertochter aus Zeitz gekommen ist, bahnt sich, beladen mit einer Kiste Tomatenpflanzen und einem Beutel voller Brot und Kuchen, den Weg durch das dichte Gedränge. "Erst mal alles zum Auto schaffen und dann noch mal losgehen, frischen Spargel und neue Kartoffeln holen", meint er genüsslich. Bei Regina Blume vom Obst- und Spargelhof aus Torgau bekommt der Rentner das fürs Feiertags-Mittagessen heiß Ersehnte.

"Der Bauernmarkt ist sehr bunt und quirlig, wirkt ein bisschen verträumt und hat deshalb seinen eigenen Charme. Man spürt viel Freundlichkeit, aber auch eine hohe Arbeitslosigkeit", sagt die blonde Händlerin mit den wachen Augen. Regelmäßig beliefert sie die Bauernmärkte in Weißenfels, präsentiert sich zudem auf Märkten in Leipzig, Dresden, Erfurt, Hamburg und Hof.