1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Weißenfels
  6. >
  7. Virus im Burgenlandkreis: Tödliches Virus im Burgenlandkreis: Seuche tötet zahlreiche Kaninchen

Virus im Burgenlandkreis Tödliches Virus im Burgenlandkreis: Seuche tötet zahlreiche Kaninchen

Von Andrea Hamann-Richter 17.09.2016, 06:00
Alle Boxen sind leer: Siegfried Kamphoff hat 35 Kaninchen durch die Chinaseuche verloren.
Alle Boxen sind leer: Siegfried Kamphoff hat 35 Kaninchen durch die Chinaseuche verloren. Peter Lisker

Weißenfels - Alarmstimmung unter Kaninchenzüchtern: Im Burgenlandkreis und in ganz Sachsen-Anhalt grassiert sie hochansteckende sogenannte Chinaseuche und hat bereits zahlreiche Tiere getötet. Die Lage ist so akut, dass Kreis-Amtstierärztin Andrea Krüger eindringlich warnt: „Wir empfehlen dringend, Kaninchenschauen nicht zu veranstalten, um die Seuche nicht weiter zu verbreiten.“ So hat der Kaninchenzuchtverein „G 84“ aus Freyburg seine für den 22. und 23. Oktober in Naumburg geplante Kreisrassekaninchenschau bereits abgesagt. Schuld ist das Virus RHD2 (RHD, Rabbit Haemorrhagic Disease), das bereits deutschlandweit wütet. Was passiert, wenn die Seuche in den Ställen der Langohren angekommen ist, lässt sich am Beispiel von Siegmar Kamphoff aus Tagewerben schildern.

Innerliche Blutungen

Es ging ganz schnell. Innerhalb von wenigen Tagen waren alle 35 Kaninchen des Züchters verendet. Sie waren innerlich verblutet. „Wir haben in den Stall geschaut und Futter gegeben. Die Tiere, die plötzlich nicht mehr fraßen, waren innerhalb von Stunden tot“, erzählt der 53-Jährige. Eigentlich wollte er die Langohren an Weihnachten und Ostern als Schlachtvieh verkaufen. Das zusätzliche Taschengeld ist jetzt futsch. „Ich hatte ja von der Seuche gehört, aber ich habe nicht damit gerechnet, dass mir so etwas passiert“, sagt Kamphoff.

98 Prozent der befallenen Tiere sterben

Das, was dem Tagewerbener passiert ist, erleben derzeit offenbar zahlreiche Kaninchenhalter und -züchter. Ist die Seuche einmal im Stall, haben die Tiere eines Bestandes kaum eine Chance. Wie viele Langohren konkret in der Region bereits verendet sind, kann Bernd Henseleit, der Vorsitzende des Weißenfelser Kreisverbandes der Kaninchenzüchter, zwar nicht beziffern. Er sagt aber: „98 Prozent der befallenen Tiere sterben. Die zwei Prozent, die vielleicht überleben, bleiben ein Risiko.“ Niemand weiß, wie lange sie noch ansteckend sind. Das Virus ist insgesamt hochansteckend. Es wird durch Insekten, Menschen, Futter, Geräte oder Transportkäfige übertragen.

Veterinäramt gibt OK für geplante Ausstellung

Anzeichen für einen Befall mit der Chinaseuche sind beim Kaninchen ein gestörtes Allgemeinbefinden und hohes Fieber. Die Tiere sterben innerhalb von einem bis drei Tage. Auch Feldhasen können von dem Virus befallen werden. Auf Menschen und andere Haustiere wird die Krankheit nicht übertragen. Es wird Kaninchenhaltern empfohlen, die Tiere vor Insekten zu schützen und wenn möglich im Haus zu halten. Der Kontakt zu Wildpopulationen sollte vermieden werden. Außerdem sollte kein Grün- oder anderes Bodenfutter gegeben werden.

1984 trat die bis dahin unbekannte Erkrankung erstmals bei Haus- und Farmkaninchen in China auf. Sie verbreitet sich seitdem weltweit. Das Virus wurde vermutlich durch Zuchttiere, Kaninchenfleisch und -wolle eingeschleppt.  ahr

Eine Horrorvorstellung, wenn man bedenkt, dass bei Ausstellungen mit mehreren Hundert Tieren ein infiziertes Kaninchen ausreicht, um alle Zuchttiere erkranken zu lassen. Dennoch soll die nächste in der Region Weißenfels geplante Ausstellung, die die Zuchtvereine Pörsten und Burgwerben für den den 24. und 25. September in Poserna vorbereiten, stattfinden. „Wir haben die Genehmigung vom Veterinäramt“, so Bernd Henseleit. Überrascht reagiert er, als er von der Empfehlung erfährt. Davon habe er noch nichts gehört und werde die Sachlage mit dem Verein besprechen, kündigt Henseleit an.

Auch der Landesverband der Kaninchenzüchter ist alarmiert. Laut Vorsitzender Mike Hennings sind für die Landesschau im Dezember in Magdeburg die Sicherheitsvorschriften verschärft worden: Nur geimpfte Tiere sind zugelassen.

Dunkelziffer viel höher

Im Landesverband gibt es derzeit 2.500 Mitglieder mit rund 30.000 Tieren. Laut Hennings sind bis zu 1.000 Kaninchen bekanntermaßen bereits an RHD2 verendet. Der Vorsitzende vermutet, dass die Dunkelziffer viel höher ist. Denn tote Tiere müssten nicht gemeldet werden. RHD2 fällt demnach nicht unter die strengen Bestimmungen der Seuchenverordnung. Daher sind weder Erkrankungen noch Todesfälle anzeigepflichtig. Vor diesem Hintergrund weist Amtstierärztin Andrea Krüger auch darauf hin, nur Empfehlungen geben und keine strengeren Quarantäne-Maßnahmen einleiten zu können.

Impfstoff aus Frankreich bietet hundertprozentigen Schutz

Der Weißenfelser Kreisverbandchef Henseleit hat seine Tiere mit dem bislang einzigem behördlich zugelassenen deutschen Impfstoff impfen lassen. Bei einem Tierbestand von hundert Kaninchen koste dies etwa 500 Euro. Die Impfung gewähre aber nur 91-prozentigen Schutz.

Hundertprozentigen Schutz soll dagegen ein französisches Impfmittel leisten. Es ist derzeit zwar noch nicht in Deutschland zugelassen. Der Tierschutzbeauftragte des Kaninchenzüchter-Landesverbandes, Tierarzt Toni Ferchland, hat beim Landwirtschaftsministerium nun aber eine Ausnahmegenehmigung erwirkt. Der Verband hat in den kommenden Wochen eine Sammelaktion geplant. Der Tierarzt fährt dabei zu den Ställen der Besitzer, die eine Impfung beantragt haben. Eine Spritze kostet 3,50 Euro. Anträge können beim Verband im Internet heruntergeladen werden.   Die Internetadresse des Verbands: www.kaninchen-lsa.de (mz)