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Sven Prokisch  Sven Prokisch : Der Steuermann vom Oldtimerbus

Von Andrea Hamann-Richter 26.03.2018, 09:35
Sven Prokisch vor seinem Lieblingsarbeitsplatz, dem Oldtimerbus.
Sven Prokisch vor seinem Lieblingsarbeitsplatz, dem Oldtimerbus. Peter Lisker

Weißenfels - Überall, wo Sven Prokisch am vergangenen Wochenende in Weißenfels auftauchte, gab es die gleichen Reaktionen. Die Menschen blieben stehen, zeigten in seine Richtung und zückten ihre Handys, um Fotos zu machen. Der Mann lacht. Er kennt es nicht anders, wenn er mit dem Renault-Oldtimerbus aus dem Jahr 1934 unterwegs ist. In Weißenfels war er während des Ostermarktes mit dem Fahrzeug eine gelungene Verbindung zwischen Jüdenstraße und dem Schlosshof.

Schon im vergangenen Jahr fuhr der 52-Jährige geduldig den ganzen Tag die Tour. Dafür kam er auch in diesem Jahr wieder extra aus der Lutherstadt Wittenberg an die Saale. „Dreieinhalb Stunden war ich dafür unterwegs“, sagt der Fahrer. Kein Wunder, der Wagen, der früher in Paris als Linienbus eingesetzt war, schafft auf gerader Strecke 70 Kilometer pro Stunde, fährt im Schnitt aber nur 50. Er hat seinen originalen Motor auch nicht mehr. Es sei einer der Marke Mercedes eingebaut, verrät Sven Prokisch.

Mercedes gehört zum historischen Fuhrpark des Hotels Pretzsch in der Lutherstadt Wittenberg

Er gehört zum historischen Fuhrpark des Hotels Pretzsch in der Lutherstadt Wittenberg. Sein Besitzer hatte 1993/94 eine Anzeige von drei Bussen zum Verkauf entdeckt. Daraufhin fuhr er zu dessen Standorten nach Gütersloh und erwarb sie. Seitdem sind die Busse bei Veranstaltungen, wie Stadtfesten oder Hochzeitsfeiern, eingesetzt.

Er ist einzigartig. Im Fahrgastraum hängen weiße Gardinen. Die acht Tische sind von Prokisch mit weißen Decken belegt worden. Silbern glänzende Getränkehalter und sogar noch Aschenbecher sind an den Wänden montiert. Die Passagiere sitzen auf mit rotbraunem Leder bezogenen Zweisitzern, der Boden ist mit Teppich belegt.

An diesem Wochenende wollte das alte Gefährt manchmal nicht so richtig laufen. Immer mal wieder musste Sven Prokisch, der in dem Hotel als Hausmeister angestellt ist, den Motor überprüfen und das Auto in Gang bringen. „Er fährt mit Diesel. Der Kraftstoff war bei minus 14 Grad vor wenigen Tagen eingefroren“, erklärt er. Da müsse er immer mal wieder etwas nachhelfen, damit die Maschine laufe. Das war für den gemütlichen Mann aber kein Problem. An den Haltestellen setzte er gekonnt den Schraubschlüssel an und brachte den Renault wieder in die Spur. Das kann er. Schließlich hatte Sven Prokisch ursprünglich Traktorist bei einer LPG gelernt.

Oldtimers hat schon stolze 332.370 Kilometer auf dem Buckel

Heute findet er seine Erfüllung darin, den Bus zu lenken, wenn es Veranstaltungen dieser Art, wie in Weißenfels gibt, oder im Hotel Glühbirnen zu wechseln, den Rasen zu mähen oder sonst in Ordnung zu bringen, was anliegt. Am liebsten sitze er aber hinter dem Steuerrad des Oldtimers, der schon stolze 332.370 Kilometer auf dem Buckel hat. Am Wochenende sind mit Sicherheit noch einige Kilometer hinzugekommen. Denn der Bus war von 10 bis 18 Uhr unterwegs und hielt am Schloss, am Markt und am Busbahnhof, um neue Menschen einsteigen oder die anderen Passagiere aussteigen zu lassen.

Sven Prokisch rechnete nach. Pro Fahrt transportiere er ungefähr 30 Personen, zwei Touren schaffe er pro Stunde, das seien ungefähr 500 Personen, die in seinen Pariser Linienbus einsteigen, lautete sein Ergebnis. Sie werden nicht nur den Ostermarkt in guter Erinnerungen behalten, sondern auch diese Fahrt. Jedes Vierteljahr muss der Bus, da er im öffentlichen Verkehr fährt, zur Prüfung, einmal im Jahr geht es zur Hauptuntersuchung. (mz)