Streit um Tempo-30-Zone Streit um Tempo-30-Zone: Großkorbethaer zittern vor Rasern

Grosskorbetha/MZ - Die Tempo-30-Zone zwischen Großkorbethaer Wasserturm und Kleinkorbetha soll nach den letzten Häusern wegfallen. Dagegen laufen Ortschaftsrat und Bürger Sturm. Zuvor hatte es bereits Vor-Ort-Begehungen mit städtischer Straßenverkehrsbehörde und Polizei gegeben. Der Rat hat sich mehrfach mit dem Thema beschäftigt und auf die nun im Rathaus erlassene Anordnung, die Straße außerhalb der Orte für 50 Kilometer in der Stunde freizugeben, reagierte Bürgermeister Johannes Drewitz (parteilos) mit einem Widerspruch. Daraufhin musste er sich in einem Schreiben von Oberbürgermeister Robby Risch (parteilos) sagen lassen, dass er den nicht machen dürfe, weil hier nur die Stadt faktisch im Namen des Straßenverkehrsamtes des Landkreises tätig sein könne.
Scharfe Kurven, zahlreiche Unfälle
Waltraud und Siegfried Schnabel wohnen in der Lützener Straße. Die 74-Jährige spricht sachlich, gibt aber zu, dass sie das Ganze furchtbar aufregt. Hier gilt Tempo 30, wird auch weiter gelten, und dennoch seien bereits in drei Fällen jüngere Fahrer, teilweise unter Alkoholeinfluss stehend, auf der kleinen Wiese vor ihrem Haus gelandet. Damit sie nicht mal in die gute Stube preschen, hatte die noch selbstständige Gemeinde Steine am Rand der Rasenfläche deponiert und erst vor einigen Wochen war in Absprache mit dem Bürgermeister ein großer Findling dazugekommen, nachdem es Ende letzten Jahres wieder gekracht hatte. Es ist die Spitze des Eisberges.
Mit der offiziellen Einweihung der Brücke zwischen Groß- und Kleinkorbetha im Dezember 2001 ging die Fähre außer Betrieb. War die Lützener Straße bis dahin eine Sackgasse, nahm der Verkehr enorm zu, wurden wegen der Raser Schikanen eingebaut. Laut Bürgermeister Drewitz gab es 2001 vom Landratsamt Weißenfels eine verkehrsrechtliche Anordnung, in der Tempo 30 festgeschrieben wurde. „Geht man nun von zwei eigenständigen Orten aus, brauchen wir zwei Ortschaftsräte“, so Drewitz provokativ.
Wird aber schon im Ort gerast, was soll das dann erst zwischen den Ortsteilen werden? Siegfried Schnabel war in seinem Garten an der Ortsgrenze. Dort konnte er beobachten, wie ein Fahrer in die Leitplanke gerast ist und sich anschließend aus dem Graben hat ziehen lassen. „Hatte er etwas zu verbergen“, fragt sich der Senior noch heute. Trotz der 30er-Zone liegen die gefahrenen Geschwindigkeiten beträchtlich über 50, auch 80 sollen keine Seltenheit sein. Und die Straße mit ihren zwei Kurven ist für Möchtegern-Vettels eine Herausforderung. Was, wenn die Behörde hier 50 Kilometer in der Stunde erlaubt? Werden dann sogar 100 gefahren?
Früh um 4 Uhr gehe es bereits los. „Hier müssten mal Dezibelmessungen durchgeführt werden“, hieß es während der jüngsten Ratssitzung. Und Birgit Weber zählt auf: Hier laufen viele Ältere auf einer Fläche, die nur ein durchgehender Streifen und Nägel im Asphalt als eine Art Rad- und Fußweg abgrenzen. Die Senioren aus Kleinkorbetha nutzen ihn beim Gang zum oder vom Einkauf. Viele gehen hier spazieren, für Kinder ist es der Schulweg und Touristen kommen auf dem Saaleradweg entlang.
Entscheidung im Sinne der Sicherheit
Mike Arning von der städtischen Straßenverkehrsbehörde erläutert die offizielle Sicht. Innerorts bliebe Tempo 30, doch die Straße zwischen den Dörfern liege außerorts. Ortsaus- und -eingangsschilder müssten am Ende und dem Beginn der Bebauung stehen. Da sei nur Tempo 50 möglich. Auch die letzte Schikane müsse verschwinden, könne man höchstens die Straße einengen. Das aber würde laut den Anwesenden nur wenig Wirkung zeitigen, weil anschließend das Gaspedal wieder durchgetreten werde.
Doch Arning verweist darauf, dass er keinen Ermessensspielraum habe, man im Landratsamt etwas anderes nicht akzeptieren werde. Beifall gab es dann, als Hans-Joachim Bringezu (Sportverein) forderte, dass das, was der Gemeinderat mal beschlossen habe, aus Sicherheitsgründen beachtet werden müsse. Und Jörg Oehmichen (CDU-Mandat) bat, dass Arning die Wünsche der Großkorbethaer weiterleiten solle.
Das tat er auch. Der Sachgebietsleiter des Straßenverkehrsamtes, des Landratsamtes, Falko Weise, verprach auf MZ-Nachfrage eine eingehende Prüfung. Tempo 30 sei außerhalb der Orte tatsächlich nicht möglich, aber es gehe auch nicht, dass ein Weg für Fußgänger nur mit einer Linie abgegrenzt sei. „Wir werden eine Entscheidung finden und die muss im Sinne der Verkehrssicherheit ausfallen.“
