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Schwierige Zeiten für Landwirte Schwierige Zeiten für Landwirte: Beendet Regen Durststrecke?

Von Holger Zimmer 29.05.2019, 12:09
Beim Hoffest stehen Stephan und Sohn Jaden Petzold aus Possenhain auf einem modernen Mähdrescher.
Beim Hoffest stehen Stephan und Sohn Jaden Petzold aus Possenhain auf einem modernen Mähdrescher. Holger Zimmer

Gröbitz - „Wie die Ernte wird, entscheidet sich in den nächsten fünf Wochen“, sagt Sebastian Möller beim Hoffest in Gröbitz. Er ist dort im Agrarbetrieb für die Feldarbeiten verantwortlich. Geschäftsführer Kurt Enke betont, dass man übers Jahr 600 Liter Regen auf jedem Quadratmeter der 2.200 Hektar Anbaufläche brauche. Im trockenen Vorjahr waren es nur 300. Derzeit liege man trotz des Regens zu Beginn der vorigen Woche bei 140 Litern und damit sei die Fehlmenge des Vorjahres nicht ausgeglichen.

Enke ist seit 35 Jahren Chef des Agrarbetriebes, bezeichnet sich als Optimist, die gegenwärtigen Zeiten aber als die bislang schwierigsten. Die Preise seien unterirdisch. Da zahlt sich derzeit nicht mal aus, dass man genügend Lagerfläche für die Feldfrüchte habe und Getreide verkaufen könnte, wenn die Preise etwas steigen. Doch er meint auch: „Bin ich mit Leuten zusammen, zeigen sie mir gern und stolz ihr neues Auto. Aber niemand äußert, dass bei ihm ein gutes Stück Butter auf dem Tisch steht.“ Das sage alles über das, was heute zähle.

Weizen baut man als Hauptfrucht auf 1.000 Hektar an

Weizen baue man als Hauptfrucht auf 1.000 Hektar an. Das sei früher eine tragende Säule gewesen, wurde einem das Getreide zum Beispiel in Italien förmlich aus den Händen gerissen. Heute habe man gegenüber Russland, den USA und Indien das Nachsehen. Auch Gerste könne man nicht mehr nach Saudi-Arabien verkaufen. Und Enke schlägt den Bogen von der Krisenregion zur Weltlage: „Wir haben zwar keine Tierzucht in Gröbitz, aber das Tierwohl steht heute offenbar vor dem Wohl der Menschen.“

Auch mit dem Raps sei es nicht mehr weit her, würden die Hersteller lieber auf Palmöl aus Indonesien statt auf Raps setzen. Und mit den Zuckerrüben sei es ebenfalls schwierig. Deshalb müsse das Unternehmen mit seinen zehn Beschäftigten und zwei Lehrlingen Nischen suchen. Eine davon seien Erbsen, die man anbaue und die für die Dezitonne 200 Euro einbringen könnten.

Landwirtschaft war schon immer ein hartes Geschäft

Landwirtschaft war schon immer ein hartes Geschäft und wird es laut dem Geschäftsführer auch bleiben. Aber als Bauer fühle man sich regelrecht verdammt. Da werde man für Treibhausgase wegen der vielen Kühe beschimpft, doch wenn irgendwo landende Flugzeuge Kerosin ablassen, gebe es kaum einen Aufschrei. Und Sebastian Möller verweist auf die Zuckerrüben, bei deren Aussaat früher gleichzeitig ein Insektenschutzmittel ausgebracht worden ist.

Das dürfe man nun nicht mehr und habe deshalb bislang zweimal wegen der Schädlinge spritzen müssen, damit sich die Pflanzen entwickeln konnten. Der Pflanzenschutz allein kostet 450.000 Euro und genauso viel müsse man für Dünger zahlen. Was man aber derzeit nicht stemmen könne, sei eine höhere Pacht für die Felder. Denn seit der Wende sind die Kosten um 120 Prozent gestiegen und doppelt so hoch wie die Einnahmen. Aber Enke versprach den Landeigentümern eine höhere Pacht, wenn sich die Lage verbessere.

Dass die Pflanzen nicht fortgespült worden sind, war nur ihrem guten Wachstum zu verdanken

Bei einer Fahrt in die Flur konnten sich bei dem Hoffest rund 300 Interessenten vom derzeitigen Stand der Dinge überzeugen. Dabei sprach Sebastian Möller einige Probleme an. Eines waren die Zuckerrüben, die Feuchtigkeit brauchen und deren Reihen teilweise stark gelichtet sind.

Man benötige dringend Regen. Dass die Pflanzen nicht fortgespült worden sind, war nur ihrem guten Wachstum zu verdanken. Gehe alles gut, dann dürfte die Ernte Anfang Juli beginnen. Auf seine junge Truppe sei Verlass, die könne er auch schon mal nachts und am Sonntag zusammenholen. (mz)