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Sanierung der Weißenfelser Marienkirche  Sanierung der Weißenfelser Marienkirche : Der älteste Fußboden

Von Jan Iven 02.10.2016, 14:00
Archäologin Johanna Reetz an der Marienkirche Weißenfels.
Archäologin Johanna Reetz an der Marienkirche Weißenfels. Peter Lisker

Weißenfels - Und wieder einmal musste die Sanierung des Platzes an der Weißenfelser Marienkirche in den vergangenen Tagen unterbrochen werden. Die Bauarbeiter waren an der Nordseite des Gotteshauses in einer Tiefe von rund 90 Zentimetern völlig unverhofft auf einen unbekannten Steinfußboden gestoßen. „Wahrscheinlich ist er über 1.000 Jahre alt und damit älter, als alles, was wir bisher an der Marienkirche gefunden haben“, sagte Johanna Reetz, zuständige Archäologin vom Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Halle.

Der gepflasterte Steinfußboden, der bei den Bauarbeiten gefunden wurde, hat eine Fläche von etwa fünf Quadratmetern. „Wir gehen davon aus, dass dies der Boden eines ehemaligen Gebäudes war“, sagte Archäologin Reetz. Welche Funktion das Gebäude gehabt hat, konnte sie allerdings nicht sagen. Das Wissen über diese Zeit in Weißenfels sei sehr lückenhaft. Ob das Geheimnis des Steinfußbodens noch gelüftet werden könne, sei daher unsicher. Offenbar handelt es sich dabei allerdings um den ältesten bisher bekannten Fußboden in Weißenfels. Das Pflaster wurde nun abgetragen und zur weiteren Untersuchung zum Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie nach Halle gebracht. Denn die Sanierung des Platzes an der Marienkirche muss weitergehen.

Auch einige alte Mauerreste konnten bei den Arbeiten freigelegt werden. „Dabei könnte es sich um die Mauern der Vorgängerkirche handeln“, sagte Archäologin Reetz. Das wäre ein Hinweis darauf, dass die vorherige Kirche ebenfalls aus Stein gebaut war. Bisher sei umstritten, ob die ursprüngliche Kirche, die niedergebrannt war, aus Stein oder Holz bestand. Des Weiteren hatten die Archäologen noch sieben bisher unbekannte Gräber außerhalb der Kirchenmauern entdeckt. In einer Tiefe von 45 Zentimetern wurde zudem ein jüngeres Pflaster aus dem 15. Jahrhundert ausgegraben.

Derzeit wird im Auftrag der Stadt Weißenfels die Oberfläche rund um die Marienkirche neu gestaltet. „Dafür tragen die Arbeiter auf der kompletten Fläche zunächst 60 Zentimeter Erde ab“, teilte Katharina Vokoun, Sprecherin der Stadt Weißenfels, auf Nachfrage der MZ mit. Da der Boden jedoch nicht stabil genug war, musste noch tiefer gegraben werden, um ihn zu ersetzen. Danach werden eine Frostschutzschicht, Beton und Mörtel auf die Ebene aufgetragen. Abschließend werden Granitpflaster und -platten verlegt.

Der Neugestaltung der Oberfläche vorangegangen waren Kanalarbeiten der Abwasserbeseitigung Weißenfels. „Im Anschluss haben die Stadtwerke Trinkwasser-, Gas- und Stromleitungen erneuert“, so Stadtsprecherin Vokoun. Mitte Juni wurden die Tiefbauarbeiten rund um die Marienkirche abgeschlossen. Seitdem laufen die Vorbereitungen für die Verlegung des neuen Pflasters. Die Kosten für das Projekt inklusive aller Planungsleistungen belaufen sich insgesamt auf knapp 700 000 Euro.

Ende Juli waren die Bauarbeiter bei den Grabungen bereits auf zahlreiche menschliche Gebeine und Schädel rund um die Marienkirche gestoßen (die MZ berichtete). Nach Erkenntnissen der Archäologin Johanna Reetz handelte es sich dabei um die Überreste eines ehemaligen Beinhauses. In diesen sogenannten oberirdischen Ossuarien lagerten Katholiken früher die Knochenreste aus ehemaligen Gräbern. Die Beinhäuser waren jedoch später bei den Protestanten nicht mehr üblich, so dass die Knochen offenbar wieder neben der Marienkirche vergraben wurden. (mz)