Ritter zieht auf Wasserburg
Weißenfels/MZ. - Dem Mittelalter hat sich Wolfram Röntgen schon vor zehn Jahren verschrieben. Nicht umsonst hat er damals dem Verein "Arme Ritter vom Greißlautal" in der Heimat mitgegründet, Mitstreiter begeistert, die mit ihm die Mittelaltergeschichte zwischen Langendorf und Wiedebach aufarbeiteten und auf Festen und in Umzügen immer wieder Menschen darstellten, so wie sie Ende des 12. Jahrhunderts lebten.
Wenn die Vereinsauflösung abgeschlossen ist, werden Röntgen etliche Gewandungen (den Begriff zieht er Kostümen vor) gehören. "Ich habe 68 mittelalterliche Gewandschnitte selbst hergestellt und die Gewänder genäht", sagt Röntgen. Auch zwei Zelte entstanden unter seiner Nähmaschine. Der Mittelalterkenner selbst stellt meist einen geistigen Ritter - Hochmeister Herrmann von Salza - dar.
Einen Teil der Gewandungen befinden sich bereits als Leihgabe in der Jugendherberge Heldrungen. Dort hat der 58-Jährige seit Mai einen Job für 24 Stunden in der Woche, gestützt vom Arbeitsamt, beim Jugendherbergswerk Thüringen. Das baut in der Wasserburg einen Lernort Geschichte auf. "Dabei geht es um die Zeit vor Thomas Müntzer, der hier gefangen gehalten wurde", sagt Röntgen.
Besessen von der Mittelalterzeit und geeignet dafür, sie Schulkindern, aber auch älteren interessierten Menschen nahe zu bringen, engagierte der Jugendherbergsverband den Weißenfelser. Der Kultur- und Bildungsverein "Kultinativ" Thüringen, der mit dem Jugendherbergsverband zusammenarbeitet, ist durch Workshops, an denen er teilgenommen hatte, und Projekte im Naumburger Raum auf ihn aufmerksam geworden. Auf sechs Monate ist sein Vertrag begrenzt. Röntgen hofft aber, dass er verlängert wird.
Keine Frage, er steigt in der 86 Kilometern entfernten Wasserburg an drei Tagen in der Woche gerne ins ritterliche Gewand. Es ist ihm gegeben, mittelelterliche Rollenspiele für Schüler aber auch andere Interessierte zu gestalten, die selbst zu Akteuren werden und so Geschichte hautnah erleben. So werden mittelalterliche Gesellschaften samt Taufe genauso inszeniert wie Burgen gebaut. Da geht es um die Bedeutung der Burg- und Wehranlagen im Hochmittelalter genauso wie um Bergfried, Palais, Zeughaus und Gesindehäuser.
Auf dem Mittelaltermarkt flechten die Teilnehmer Körbe, filzen mit Schafwolle, stellen Kerzen her und backen Brot - wie in alten Zeiten. Auf Mittelalterturnieren können Mut und Geschick bewiesen werden. Röntgen zeigt, wie das Bogenschießen funktioniert, bei dem der Beste den goldenen Pfeil gewinnt. Das habe nichts mit Kraft zu tun, sagt er, der sich darin selbst im Seminar im Schwarzwald ausbilden ließ. "Wir schießen aus dem Unterbewusstsein heraus, treffen, ohne zu zielen", macht er auf seine Technik neugierig. Wissenswertes über Wappenkunde bietet er im Mittelalterkabinett an und lädt auch zur Suche nach dem Schatz der Wasserburg ein.
Dass die Jugendherberge Wasserburg Heldrungen auch ein interessantes Ziel für Schulklassen aus hiesiger Region sind, bestätigt der Mittelaltermann. An seiner neuen Wirkungsstätte werden sich am 23. September auch die "Armen Ritter vom Greißlautal" zu ihrem "absoluten Abschluss" treffen und die Vereinsgeschichten beenden.
Informationen zum Lernort Geschichte in der Jugendherberge Wasserschloss Heldrungen unter www.djh-thueringen.de