Quereinsteigerin im Eiscafé Quereinsteigerin im Eiscafé: "Ich hatte vorher noch nie eine Tasse Kaffee serviert"

Weissenfels - Es sollte ein ganz besonderes erstes Rendezvous werden. Ein junger Mann hatte sich extra von den Mitarbeitern des Eiscafés Dietrich einen Tisch in das kleine umliegende Waldstück bringen lassen, fernab der anderen Gäste. Richtig romantisch. Blöderweise fand das seine Auserwählte nicht so. „Ihr war die Aktion sehr peinlich gewesen. Ich glaube, das war das erste und auch letzte Rendezvous der beiden“, lacht Ursula Dietrich.
30 Jahre Familienbetrieb
Es ist eine von vielen Geschichten, die ihr Eiscafé am Schützenplatz gegenüber dem Weißenfelser Friedhofs zu erzählen hat. 30 Jahre wird dieses jetzt im April alt. Gefeiert wird dies mit den Gästen am Sonnabend, 20. April. „Wir haben so viel erlebt in dieser Zeit. Kinder, die damals kaum sprechen konnten, als sie bei uns ein Eis wollten, kommen nun mit ihren eigenen Familien zu uns“, sagt die 67-Jährige. Mit „wir“ meint die Betreiberin noch ihren Bruder Peter Fischer (75) und dessen Ehefrau Brigitte (69).
Das Ehepaar hat von Beginn an bis vor vier Jahren im Eiscafé gearbeitet. Sie als Serviererin, er als Eismacher. Auch wenn beide nun im Ruhestand sind, helfen sie gelegentlich noch mit aus. „Im Notfall wird über die Straße gerufen, dass wir kommen sollen“, sagt Brigitte Fischer mit einem Augenzwinkern. Sie und ihr Mann wohnen auch am Schützenplatz, Ursula Dietrich wohnt mit ihrer Familie im hinteren Teil des Eiscafés.
„Ich hatte vorher noch nie eine Tasse Kaffee serviert“
Dieses entstand in seiner jetzigen Form Ende der 1980er Jahre. In dem früheren Gebäude befand sich ein Lustgarten aus Herzogszeiten, später dann eine Schule und ein Wohnhaus. Um Mitte der 1980er Jahre aber ein Eiscafé darin zu errichten, war das Gebäude in keinem guten Zustand mehr. Es wurde abgerissen und durch einen Neubau ersetzt. Am 20. April 1989 war die Eröffnung. Ursula Dietrich erinnert sich noch an eine Riesenschlange vor der Eis-Theke. In den Anfangsjahren hätten die Gäste sogar bis zum Friedhof gestanden.
Eine gewisse Aufregung war der Betreiberin und ihren Mitarbeitern zunächst anzumerken. „Wir sind ja alles Quereinsteiger gewesen“, sagt Ursula Dietrich. Die 67-Jährige hat früher als Fotolaborantin gearbeitet. Auch ihr Bruder war nicht immer Eismacher, sondern einmal Lehrer. Und Schwägerin Brigitte Fischer war Verkäuferin in einem Autohaus. „Ich hatte vorher noch nie eine Tasse Kaffee serviert“, sagt die 69-Jährige und lacht dabei herzhaft.
Nachfolge noch nicht geklärt
Das war jedoch nicht die einzige Schwierigkeit: „Ich hatte noch eine Familie, um die ich mich kümmern musste, und parallel zum Geschäftsbetrieb haben wir hinten noch weiter gebaut“, sagt Ursula Dietrich, deren Mann Wolfgang bis 2018 Geschäftsführer der Schokoladenmanufaktur Argenta war. Auch auf Urlaube musste man meist verzichten.
Denn ein geschlossenes Eiscafé im Sommer - undenkbar. All das haben auch die zwei Kinder von Ursula Dietrich miterlebt. Das Geschäft eines Tages weiterführen wollen sie nicht. „Die Nachfolge ist noch nicht geklärt“, so die Chefin, die in ihrem Eiscafé drei fest angestellte Mitarbeiter beschäftigt. Dieses und nächstes Jahr will sie das Eiscafé aber auf jeden Fall noch betreiben. „Denn trotz mancher Schwierigkeiten hatten wir zusammen jede Menge Spaß in den 30 Jahren“, so Ursula Dietrich. (mz)
Jubiläumsfest am Sonnabend, 20. April, 14 bis 18 Uhr