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Protest trägt heute Früchte

Von Klaus-Dieter Kunick 07.10.2005, 18:10

Hohenmölsen/MZ. - "Es ist wirklich wahr, mitunter krabbelten die Mäuse aus dem Papierkorb oder liefen mitten durch den Raum" - Wilfried Wagner erzählt nicht aus irgendeinem Märchenbuch, sondern schildert die Zustände in einer Baracke, in der die Abiturienten vor 1995 in Teuchern unterrichtet wurden. Die Räume waren nur durch eine dünne Pappwand getrennt. Neben einer Zweigstelle in Hohenmölsen gab es weitere Räumlichkeiten in Teuchern. Eben diese Baracke. "Der Bau eines neuen Gymnasiums war dringend erforderlich", erklärt Wagner.

Die Entscheidung fiel 1992. Doch die Zeichen standen zu jener Zeit nicht auf Grün. In einer Sitzung des Kreistages, der in der Bundeswehrkaserne in Hohenmölsen tagte, wurde darüber beraten, ob überhaupt ein Gymnasium gebaut werden soll. Auf dem Weg dorthin fanden sich entlang der Strecke viele Schüler ein. Auf ihren mitgebrachten Spruchbändern protestierten sie gegen die schlechten Lernbedingungen, so der Schulleiter. "Am Ende der Sitzung war es eine äußerst knappe Entscheidung", blickt Wagner zurück. Gegen den Bau der neuen Einrichtung sprachen vor allem die Baukosten in Höhe von 27 Millionen Mark.

Mit der Fertigstellung des Baus verbesserten sich die Lernbedingungen für Schüler und Lehrer gleichermaßen: Helle freundliche Räume, moderne Fachkabinette, Speiseversorgung. "Es macht Spaß, hier zu unterrichten", ergänzt Wagner, der von Anfang an als Schulleiter eingesetzt wurde. Dass die Erfolge nicht lange auf sich warten ließen, kann Wagner belegen. Gleich in der Anfangszeit nahm man an einem Bundeswettbewerb teil, in dem es um Probleme in Afrika, Lateinamerika und Asien ging. "Die Schülerin Ellen Arndt errang deutschlandweit den ersten Platz. Sie durfte sogar zu einem Kongress nach Rom fahren", ist Wagner die Freude über dieses Ergebnis noch heute anzumerken.

Bei einem anderen Projekt, das von der Umsiedlung von Bergbaudörfern handelte, fuhren Schüler aus Hohenmölsen nach Bonn, wo sie von Bundespräsident Roman Herzog empfangen wurden. "Wir haben ein außergewöhnlich gutes Schultheater, das hervorragende Stücke auf die Bühne bringt", nennt Wagner weitere Erfolge in der Arbeit. Und bei der Vorstellung des Gymnasiums im Bürgerhaus müssen seit Jahren stets zwei Vorstellungen eingeplant werden, da das Interesse so groß sei.

Doch Wagner macht auch keinen Bogen um die Dinge, die zu schaffen machten. "Im Laufe der Jahre wurden neun Mal die Schulgesetze geändert. Das ist ein Unding", ärgert sich der Schulleiter. Von Stetigkeit in der Arbeit könne man nicht sprechen. Oft habe sich Unsicherheit bei Schülern, Lehrern und Eltern breit gemacht, so lautet das Fazit von Wagner. Mit diesem Unfug müsse endlich Schluss sein, fordert er. Und auch die Zukunft des Agricolagymnasiums hat Wagner fest im Blick: "Unsere Schule hat bis über das Jahr 2014 hinaus Bestand", beruft er sich auf die mittelfristige Schulplanung. Die Zahl der Schüler werde sich allerdings ab dem Jahr 2007 erheblich reduzieren, so bekennt der Chef.