Premiere in Nellschütz Premiere in Nellschütz: Der gestöckelte Sprint

Nellschütz/MZ - 24,8 Sekunden klingen nicht nach einem neuen Weltrekordversuch über 100 Meter. Und dennoch: Alle Damen zwischen 18 und 60 sind am Sonnabend während der Premiere beim Nellschützer Oldtimertreffen über sich hinausgewachsen. Denn ihr Sportgerät beim Sprint waren Stöckelschuhe, heute eher als Highheels bekannt, mit einer Absatzhöhe von sieben Zentimetern. Die sechsjährige Janika Marx lief gemeinsam mit Oma Andrea Prudlik (59) über die Ziellinie. Letztere überließ der Enkelin um einen Wimpernschlag den Sieg im Familienduell.
Denn was für sie zählte, war der Spaß an der Freude und die Gewissheit, dass sie am kommenden Wochenende noch den Rudelsburglauf bestehen muss. Doch der sei für sie ein Auslaufen, wie sie sagt, denn der Sieg in der Altersklasse W 55 sei ihr nicht mehr zu nehmen. Der Kleinen jedenfalls bescheinigt die Großmutter Talent, rangiere sie doch bei Läufen stets unter den ersten Drei. Bei ihr war die Absatzhöhe übrigens um die gute Hälfte reduziert.
Sprint mit Kind auf dem Arm
Dass der Wettbewerb nicht ganz so ernst genommen wurde, zeigt auch die Tatsache, dass die 34-Jährige Carolin Marx als Vorletzte gar nicht in der Ergebnisliste geführt wird. Stattdessen taucht dort Kalinda (3) auf, die auf Mutters Arm ins Ziel kam. Diese schaffte rekordverdächtige 32,7 Sekunden und sagt: „Ich wollte einfach demonstrieren, wie schwierig es ist, mit einem Kind auf dem Arm zur Straßenbahn zu hetzen.“ Über eine solche verfügt das kleine Nellschütz natürlich nicht, doch in ihrer jetzigen Heimatstadt Dresden sei sie auf die Bahn angewiesen.
Der Sieg ging letztlich an Lydia Zeymer, mit 18 die Jüngste im Feld. Und nicht nur das, sie trug tatsächlich nur „Pfennig“-Stöckler, und - um das zu unterstreichen - ein weißes Röckchen und Handtasche. Die Hochhackigen hatte sie übrigens im Vorfeld mit Klebeband am Fuß fixiert, weil ein Laufen sonst unmöglich gewesen wäre. Der Spaß stand auch für sie im Vordergrund. Von ungefähr kam ihre Laufstärke allerdings nicht: Denn bis zum Vorjahr gehörte sie im Läuferdorf Nellschütz zu den Aktiven, muss nun aber nach einer Knieverletzung passen. Hinter ihr rangierte Vanessa Steingraf, die trotz voluminöserer Absätze und Regionalranglistenplatz 3 genau eine Sekunde langsamer war als Lydia Zeymer. Als 49-Jährige zeigte Sylvia Weidemeier aus Webau mancher Jüngeren die Hacken.
Lauf soll Tradition werden
Ihre Arbeitskollegin Andrea Prudlik hatte sie für diese Laufpremiere, die Tradition werden soll, geworben. Frau Weidemeier ließ sich die Highheels nicht nehmen und Carmen Steingraf schüttelte auf die Frage, ob sie lieber Turnschuhe trage, in die sie nach dem Lauf schnell geschlüpft war, ebenfalls den Kopf. Sie mag Stöckelschuhe, bekennt sie, liest lieber auf dem Sofa ein gutes Buch und ist auch nicht immer dabei, wenn ihr Mann Mario, der Vorsitzende der Sport- und Freizeitgemeinschaft Nellschütz, mit Tochter Vanessa auf die Laufstrecken geht. In zwei Wochen wolle sie aber dennoch in München ein Zehn-Kilometer-Rennen in Angriff nehmen. Dass sie da eher hinten rangiere, mache ihr nichts aus, wie die 44-Jährige bekennt.
