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Offenes Fenster in die Erdgeschichte

Von Anka Stolper-Heinike 14.07.2008, 18:34

Markwerben/MZ. - In der Gärtnerei Dechant & Fabig in Markwerben gibt es einen Schatz. Er muss nicht einmal geborgen werden, sondern ist offen zu sehen. Eine etwa 30 Meter lange und fünf Meter hohe Gesteinsformation lässt die Herzen von Geologen höher schlagen

Vor allem Dr. Stefan Wansa, Dezernatsleiter für geologische Landesaufnahme im Landesamt für Geologie und Bergwesen Halle, ist begeistert von dem, was sich hinter den Gewächshäusern der Gärtnerei erhebt. Nach einem Hinweis des Burgwerbener Geologen Gerhard Beutler fuhr er im Herbst 2004 zum ersten Mal nach Markwerben - und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. "Ich hatte einen hervorragenden Eindruck. Die Gegend kannte ich ja schon durch meine wissenschaftliche Arbeit in der benachbarten Uichteritzer Kiesgrube. Aber so etwas Tolles hatte ich trotzdem nicht erwartet", gerät der Geologe ins Schwärmen. Der übertägige Aufschluss aus der Erdgeschichte, eine Felswand für jedermann sichtbar, zog den Wissenschaftler in ihren Bann. "So ein geologisches Profil ist selten zu sehen. Es muss dauerhaft erhalten werden", betont Wansa und erklärt dann das Besondere der Formation.

Deren untere, rund zwei Meter dicke Schicht, besteht aus mürbem Sandstein, der aus der Zeit vor

245 Millionen Jahren stammt. Es folgt eine scharfe Schichtgrenze, darüber abgelagert Flussschotter, den die Saale in einer Eiszeit vor etwa 150 000 Jahren zurückließ. Das etwa anderthalb Meter dicke ockerfarbene Band sei viel jünger als die darunter liegende Sandsteinschicht, weil in tausenden von Jahren viele geologische Brüche Gestein und Geröll abgetragen haben, erklärt Geologe Wansa. Er spricht über die dritte Schicht der Formation aus Schwemm-Löß. Sie stamme aus der so genannten Weichseleiszeit, die vor 50- bis 20 000 Jahren stattfand.

"Spannend sind vor allem die Schotter. Man findet sie selten so offen", erzählt Stefan Wansa. Er erklärt, weshalb die Saale, die eben jenen Schotter zurückließ und die heute noch ganz nah bei Markwerben fließt, während der Eiszeiten so oft ihren Lauf geändert hat. Gletscher, die den Fluss überfuhren, füllten Täler zu und schufen neue. "Der Fluss musste sich ständig ein neues Bett suchen, schnitt sich ein, wenn er eine starke Strömung hatte. Floss er langsam, lagerte die Saale den Schotter ab", so der hallesche Geologe.

Er erklärt, dass das sich verändernde Aussehen einer Landschaft durch das Klima gesteuert wird, durch Eis- und Warmzeiten zum Beispiel, die es immer wieder mal gab. So seien Formationen wie die in Markwerben gute Indikatoren für das Klima. Der Aufschluss vor den Toren von Weißenfels verrate aber auch, dass die Saale früher auf einem viel höheren Niveau geflossen ist als heute. Und dass sie viel Material aus dem Thüringischen herangetragen hat.

Monatelang haben Stefan Wansa und seine Kollegen Konrad Schubert und Matthias Thomae das Geotop in der Gärtnerei untersucht und erforscht. Ihre Erkenntnisse flossen in den Datenbestand des Landesamtes für Geologie und Bergwesen Halle ein. "Solche Geotope sind Fenster in die Erdgeschichte", betont Wansa. Er möchte das Besondere der Formation auch Nichtfachleuten nahe bringen und erklären. Deshalb wird er am 21. September, dem Tag des Geotops, in der Markwerbener Gärtnerei einen Vortrag über die eiszeitliche Flussgeschichte der Saale halten, zu dem er ein möglichst großes Publikum erhofft. Und Wansa hat noch einen Wunsch - dass der Markwerbener Schatz in den Geopark Saale-Unstrut-Triasland eingebunden wird.