Nach wochenlanger Zwangspause Nach wochenlanger Zwangspause: Erste Modegeschäfte können mit Terminvergabe öffnen

Weißenfels - Die Leiterin der NKD-Filiale in der Weißenfelser Jüdenstraße ist Verkäuferin aus Leidenschaft. Das erkennt jeder, der Frau Kolbe nur fünf Minuten dabei zuschaut, wie sie Kunden an die Ladentür heranwinkt. Dort muss sich die lebhafte Verkäuferin seit Montag auch als Portier beweisen. Mit einer Terminliste versucht sie das Geschäft bestmöglich auszulasten. Es sind Gespräche, wie man sie sonst nur aus den Wartezimmern von Arztpraxen oder auch Friseursalons kennt.
Immer zur vollen Stunde werden neue Kunden hereingelassen
„Wie sieht es morgen aus?“, fragt die Kundin. „15 Uhr?“, lautet die Gegenfrage von der Filialleiterin. Dann lässt sie sich noch den Namen geben und der Termin zum Einkaufen steht. Zur vereinbarten Zeit darf die Kundin dann am nächsten Tag 45 Minuten im Laden verbringen. Gemeinsam mit fünf weiteren Personen und unter Wahrung aller Hygiene- und Sicherheitsbestimmungen.
Immer zur vollen Stunde werden neue Kunden hereingelassen, die auch ihre Kontaktdaten hinterlassen müssen. Die 15 Minuten Zeit zwischen den Terminen nutzen die Verkäuferinnen, um zu lüften und alles zu desinfizieren, was die Kunden zuvor angefasst haben.
Ein erheblicher Aufwand. Das stellen anerkennend auch die Einkaufswilligen fest. „Die wissen gar nicht, was sie machen“, sagt eine Kundin in Richtung der politischen Entscheidungsträger. „Es ist schlimm“, sagt eine andere kopfschüttelnd.
Shoppen in der Pandemie: zehn Termine mit je sechs Personen
„Wollen sie auch noch wissen, was ich für Unterwäsche anhabe?“, fragt eine dritte Kundin als sie ihrem Namen für einen Termin angeben soll. Es ist aber nicht böse gemeint. Es herrscht zuweilen auch Galgenhumor. Frau Kolbe - das steht außer Frage - hat der Wiederöffnung ihrer Filiale entgegengefiebert. Halb zwölf gab es am Montag grünes Licht, fünf Minuten nach zwölf stand der erste Kunde im Laden. Abverkauf tut Not. „Wir haben hier vier Saisons im Laden“, sagt sie. Normalerweise seien es zwei.
Dass sie nun Termine vergeben muss, darüber will Frau Kolbe nicht laut klagen. „Das läuft an“, sagt sie sogar zuversichtlich. Hauptsache wieder öffnen können. Frau Kolbe jedenfalls wirkt fest entschlossen, jeden möglichen Termin in ihrer Filiale auch zu vergeben. Normalerweise besuchen täglich hundert Kunden das Geschäft. Nun sind zwischen Montag und Freitag zehn Termine mit je sechs Personen möglich - das macht nur noch lediglich maximal 60 Kunden pro Tag.
Modegeschäft hat sich auf Teil-Öffnung vorbereitet
Längst nicht jeder war am Montag so schnell wie die überregionale Modekette NKD. Viele Weißenfelser Händler hatten sich erst für den Abend verabredet, um zu besprechen, wie sie auf die neuen Leitlinien der Politik reagieren werden. Auch im Einkaufszentrum Schöne Aussicht hatten einige Läden noch nicht geöffnet. In einzelnen brannte Licht und Verkäuferinnen verwiesen auf eine Öffnung am Dienstag.
Schon am Montag hatte Cordula Langer von der Modeboutique „New Style“ Termine vergeben. „Ich habe es letzten Mittwoch erfahren, dass wieder geöffnet werden darf und habe meine Frühjahrs- und Sommermode ausgehängt sowie die Wintermode eingelagert“, erzählt sie. Über mangelnde Nachfrage kann sie am Montag nicht klagen. „Heute habe ich insgesamt etwa 20 Kunden bedient, was gar nicht schlecht ist. Die Leute haben seit letzter Woche bei mir angerufen und Termine vereinbart.
Termine werden online, vor Ort oder über Telefon vergeben
Man hat gespürt, dass die Menschen ausgehungert sind und sich gefreut haben einzukaufen“, berichtet Cordula Langer. Wer die Verordnung richtig gelesen habe, der weiß, dass für die Öffnung der Läden die Inzidenzzahl des Landes oder der Region ausschlaggebend ist - ergänzt sie. „Und die Inzidenzzahl des Landes Sachsen-Anhalt lässt die Öffnung zu.“ Auch wenn das nicht so bleiben muss. Geöffnet hatten im Leißlinger Einkaufszentrum Schöne Aussicht am Montag außerdem bereits der Schmuckladen „Bijou Brigitte“ und Modehändler wie „Jeans Fritz“, „Mister und Lady Jeans“, „Bonita“ und „Kik“. Auch hier wurde Pragmatismus gezeigt.
„Es war eine spontane Entscheidung der Geschäftsführung, heute zu öffnen“, berichtet die Mitarbeiterin einer Modekette. Termine könnten momentan online, telefonisch oder direkt vor Ort gemacht werden. „Aber wie das langfristig geregelt wird, wird erst in den nächsten Tagen feststehen“, sagte sie. Handel ist Wandel, wieder einmal. Die Weißenfelser Händler nehmen diese Herausforderung an. Eine andere Option bleibt ihnen nicht. (mz)