MZ-Serie Führerschein - Teil 1 MZ-Serie: Krach in der Führerschein-Prüfung

Weissenfels/Merseburg - „Es war sehr laut im Raum, ich hatte erhebliche Mühe, mich zu konzentrieren“, sagt Anna Titze. Erst vor wenigen Tagen hat sie in Naumburg die Theorieprüfung abgelegt, denn die 23-Jährige aus Großkorbetha will den Führerschein erwerben.
Es seien drei Fahrlehrer anwesend gewesen, die sich lautstark unterhalten hätten. „Das lenkt einen total ab. Das habe ich mir so nicht vorgestellt“, erzählt die junge Frau sie. Glücklicherweise habe sie die Prüfung aber bestanden.
Aber Anna Titze ist nicht die einzige Fahrschülerin, der es so ergangen ist. Denn auch René Könnecke aus Weißenfels klagt sein Leid: „Es ist laut, Fahrlehrer laufen umher, es ist unmöglich.“
Diese Aussagen will Uwe Engelmann auf keinen Fall so stehen lassen. „Ich habe erst in der vorigen Woche eine Stichprobe in Naumburg durchgeführt“, sagt der Leiter der Fachabteilung technische Prüfstelle beim Deutschen Kraftfahrzeug-Überwachungsverein (Dekra) in Halle. Zu dem Zeitpunkt sei alles in Ordnung gewesen.
Was passiert sei könnte, als Anna Titze und René Könnecke geprüft worden seien, wisse er nicht.
Dass es im Raum, in dem die Prüfung abgenommen werde, laut zugehe, sei jedenfalls kein Standard.
Man nehme diese Hinweise aber nun durchaus ernst. Uwe Engelmann räumt ein, dass etliche Fahrlehrer ihre „Schützlinge“ zu den Prüfungen bringen und dann mit im Prüfungsraum sind.
Dass einer möglicherweise zu laut gesprochen habe, könne er nicht ausschließen. „Wir wissen selbstverständlich, welcher Druck bei den Prüflingen aufkommt“, sagt Engelmann.
Er werde mit allen Fahrlehrern darüber ausführlich reden, dass sie sich alle an Ruhe zu halten haben und sich dieses Verhalten künftig nicht wiederholt.
Trägt die Dekra eine Teilschuld?
Doch das Problem der Ruhestörung gibt es scheinbar nicht nur in Naumburg und in Zeitz. Auch aus Merseburg kommen Klagen: Eine Fahranfängerin aus dem Geiseltal gibt der Dekra als prüfende Behörde eine Mitschuld an den desaströsen Werten.
„Dass viele durchfallen, liegt auch an der Atmosphäre, in der die Prüfungen abgenommen werden“, sagt Jessica Lindner, die seit einem Jahr ihren Führerschein hat, zuvor jedoch sechs Mal durch die Prüfung rasselte.
„In dem Raum sitzen etwa zehn Schüler, jeder kommt und geht wie er will“, erzählt die 19-Jährige von der Geräuschkulisse im Prüfungsraum, die bei ihr immer wieder für zu viel Ablenkung gesorgt habe.
„Einmal kam sogar ein Fahrlehrer mit Gipsfuß herein und plauderte mit dem Prüfer laut über seinen Skiunfall.“ Sicher sei sie nervös gewesen. „Aber ich habe den Stoff verstanden, ich bin ja nicht völlig doof“, betont sie.
Lesen Sie am Dienstag, wie Fahrlehrer aus der Region die Prüfergebnisse und ihre Ursachen bewerten.
Warum fallen so viele durch?
Sachsen-Anhalt hat bundesweit bei den Führerscheinprüfungen die höchsten Durchfallerquote. Woran liegt das? Wie ist die Situation in der theoretischen und praktischen Prüfung?
In einer Artikelserie sucht die MZ Antworten bei Fahrschülern und Fahrlehrern. In unserer Serie lernen die Leser unter anderem eine Fahrschülerin kennen, die ihre erste Autobahnfahrt erlebte,
Fahrschullehrer kommen zu Wort und zwei Journalisten stellten sich im Selbsttest der theoretischen und der praktischen Prüfung. Im aktuellen Beitrag geht es um die Sicht von Fahrschülern auf die theoretische Prüfung.
Ihre Erfahrungen sind gefragt
Welche Erfahrungen haben Sie im Zusammenhang mit Ihrer Fahrprüfung gemacht? Wie sehen Sie die heutige Situation? Welche Erlebnisse und Erkenntnisse über die Fahrprüfungen gibt es in Ihrer Familie? Schreiben Sie uns Ihre Meinung.
Zuschriften an die MZ-Lokalredaktion Weißenfels, Markt 7, 06667 Weißenfels oder per E-Mail an: [email protected] (mz)
