Modellbahn-Hobby in Trebnitz Modellbahn-Hobby in Trebnitz: Die Weiße Lady fährt noch

Trebnitz/MZ - Wenn Gerfried Reichert liebevoll von seiner „Weißen Lady“ spricht, meint er nicht seine Frau, mit der er seit 47 Jahren verheiratet ist und fünf Kinder großgezogen hat. Nein, der 70-jährige Pensionär spricht von einer Elektro-Lok, deren mechanische Komponenten im VEB Lokomotivbau Elektrotechnische Werke Hans Beimler Henningsdorf entwickelt wurden und deren Elektromotoren vom VEB Sachsenwerk Dresden kamen. Im Frühjahr 1982 wurde diese Versuchs-Lok auf der Leipziger Frühjahrsmesse erstmals öffentlich vorgestellt. Wegen ihrer auffälligen Lackierung, weiß mit roten Streifen, bekam sie von den Messebesuchern den Spitznamen „Weiße Lady“. Und Lokführer Gerfried Reichert, der das Kraftpaket selbst auch gefahren hat, war von ihr genauso begeistert wie viele seiner damaligen Berufskollegen.
Jetzt fährt die „Weiße Lady“, die übrigens umgespritzt werden musste, in Trebnitz-Siedlung, genauer auf dem früheren Heuboden der Familie Reichert. Allerdings nur als Miniaturversion auf einer fünf mal zwei Meter großen Modellbahnplatte auf Schienen der Breite H0. Die Modellbahnplatte ist das große Hobby von Gerfried Reichert. Von 1965 bis 1998 war er beim Bahnbetriebswerk Weißenfels beschäftigt und hat viele der Loks, die heute bei ihm im Kleinen ihre Runden drehen, selbst gefahren. Sein allererstes Lok-Modell hat Gerfried Reichert 1964 im Weißenfelser PUK-Laden gekauft - für seine nur 2,30 mal 1,30 Meter große Platte, die damals geradeso in den Flur der Weißenfelser Mietwohnung gepasst habe, erinnert sich der Rentner. Nach dem Umzug in die Trebnitzer Siedlung 1977 habe er die Anlage in der Garage auf Böcke gestellt und mit Ketten an die Decke gehängt, damit das Auto drunter passte. Gleich nachdem er den alten Heuboden des Hauses ausgebaut hatte, begann Gerfried Reichert 2002, sich seinen Traum zu erfüllen - er baute eine viel größere Eisenbahnplatte, die er noch heute mit immer neuen Modellen und Details verändert.
Auf etwa einhundert Metern Schiene, vier Haupt-, 74 Neben- und zehn Abstellgleisen können zehn Züge gleichzeitig fahren. Das ermöglichen zehn Trafos, mit denen Gerfried Reichert auch die Beleuchtung der Anlage regelt. „Alle meine Züge fahren mit Schlusslicht und die Personenzüge sind beleuchtet“, schwärmt der Modellbauer, der über 120 Lok-Modelle sein Eigen nennt.
Der Betrachter der Anlage entdeckt immer neue, liebevoll gestaltete Anlagen und Landschaften. Da gibt es das Bahnbetriebswerk mit einer 18-gleisigen Drehscheibe und Rundschuppen, sechs Kohlegleise, eine Tankstelle, Wartungshalle, Besandungsanlage und Bahnmeisterei. Sogar einen Ablaufberg habe er gebaut, betont der Rentner. Ein modernes Windrad, eine Windmühle und eine Wassermühle drehen sich flink. Es gibt ein Sägewerk, ein Schloss mit Teich und sogar eine beleuchtete Diskothek im Wald.
Jetzt im Winter ist Gerfried Reichert häufig auf seinem Hobbyboden. Er repariert seine Loks, bessert die Modellbahnanlage aus und bastelt immer neue Kleinigkeiten, die irgendwo auf den reichlich zehn Quadratmetern der Anlage ihren Platz finden. Auf die bevorstehenden Weihnachtsfeiertage freut sich der Rentner übrigens besonders. „Da kann ich lange mit meinen fünf Enkeln spielen“, erzählt er. Und auch sonst kommen die Kinder von befreundeten Familien und erfüllen sich für ein paar Momente ihren künftigen Berufswunsch - Lokführer. Davon kann ihnen Gerfried Reichert auch eine Menge erzählen.
