1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Weißenfels
  6. >
  7. Maler-Genossenschaft: Maler-Genossenschaft: Wie die Raumkünstler von Weißenfels überlebt haben

Maler-Genossenschaft Maler-Genossenschaft: Wie die Raumkünstler von Weißenfels überlebt haben

Von Holger Zimmer 04.03.2019, 06:00
David Buß (links) und Herbert Zetzsche in den Räumen der Genossenschaft „Raumkunst“
David Buß (links) und Herbert Zetzsche in den Räumen der Genossenschaft „Raumkunst“ Peter Lisker

Weißenfels - 60 Beschäftigte - das war einmal. Ende der 1960er Jahre war das, als die Maler-Genossenschaft „Raumkunst“ der so etwas wie der Platzhirsch der Zunft in Weißenfels war. Inzwischen zählt sie noch zehn Mitarbeiter und mit ihnen kann sich David Buß (36), der demnächst seit drei Jahren Vorstandschef ist, auf das 60. Betriebsjubiläum am 1. März freuen. Das wird man mit einem Betriebsausflug feiern.

Herbert Zetzsche absolvierte 1959 gerade sein drittes Lehrjahr, als er bei der Gründung der Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) dabei war. Er gehörte damals zu den 15 Anwesenden, darunter fünf Auszubildende, die sich in der inzwischen geschlossenen Gaststätte „Feldschlösschen“ in der Merseburger Straße trafen. Der 77-jährige Weißenfelser Zetzsche, der aus Muschwitz stammt und gern gezeichnet hat, bekam eine Lehrstelle in der Saalestadt bei Malermeister Simon Wloka und sagt: „Ich habe den Beruf gern gemacht.“ Und das, obwohl er nicht einfach war.

Maler aus Weißenfels: Mit Leiter und vollen Eimern in die dritte oder vierte Etage

Mit Leiter und vollen Eimern in die dritte oder vierte Etage zu laufen, das war nicht ohne. Und alles mit Bürsten einzustreichen und Decken zu tapezieren, das ging über Hand- und Schultergelenke. Zetzsche findet die damalige PGH-Gründung aus damals drei kleinen Unternehmen richtig, habe sie doch eine neue Zeit mit sich gebracht.

Er berichtet vom ersten Sitz der Genossenschaft an der Promenade, von wo man Mitte der 1960er Jahre in die Nordstraße ziehen konnte. Dort war auf einem ehemaligen Kohlenhof ein neues Firmendomizil entstanden. Vor allem in den Großbetrieben bis hin zum Schlacht- sowie dem Milchhof sei man beschäftigt gewesen oder in den Neubauten, die in den Stadtteilen West, der Neustadt und auf dem Kugelberg entstanden. Auch beim Rat des Kreises und im Gerichtsgebäude wurde gearbeitet.

Maler-Genossenschaft aus Weißenfels: Zahl der Mitarbeiter sank

Bei derlei Aufträgen sei man oft die erste Adresse gewesen. Daneben gab es freilich beim Bau- und Montagekombinat Chemie und dem Kreisbaubetrieb ebenfalls Malerbrigaden. Es war zudem die hohe Zeit der Feierabendtätigkeit, wo sich die Mitarbeiter nebenbei etwas dazuverdienen konnten.

Heute sei das eher nicht mehr in dem Maße üblich, meint David Buß, weil die Mitarbeiter ganz gut verdienen, wenn es auch keine ausgesprochenen Spitzenlöhne seien. Derzeit müsse man allerdings mit einem vierstelligen Betrag rechnen, wenn man ein Wohnzimmer tapezieren lasse. Ohnehin sind die Zeiten seit der Wende andere. Die Preise kletterten und die Leute gaben die D-Mark und den Euro nicht so schnell aus. Da war und ist man laut Zetzsche immer auf der Suche nach Aufträgen. Die Zahl der Mitarbeiter sank dann auch auf 40 und bis 2010 auf 20.

Maler-Genossenschaft aus Weißenfels: Perspektivisch soll sich auch am Standort etwas tun

Eine Genossenschaft ist es immer geblieben. Und Herbert Zetzsche sagt: „Meines Wissens sind wir in der Region die einzige oder eine der wenigen, die überlebt haben.“ 2010, als er nach acht Jahren als Vorstandsvorsitzender in Rente gehen wollte, stand allerdings alles auf der Kippe, weil sich zunächst kein Nachfolger fand. Da sollte der Betrieb sogar verkauft werden, doch zwei Interessenten sprangen seinerzeit wieder ab. Erst als ein Vertreter der Handwerkskammer erläuterte, dass jedes Mitglied nur mit den beim Eintritt eingezahlten zwei Monatsgehältern hafte, nicht aber mit seinem Privatvermögen, fand sich ein neuer Vorstandschef.

Später hatte David Buß Interesse bekundet, sich zur Wahl zu stellen. Zetzsche sagt, dass er schon immer sehr wissbegierig und ein guter Geselle gewesen sei. Fast folgerichtig besuchte Buß dann auch die Meisterschule. Im Mai 2016 wurde er als Vorsitzender gewählt und bekennt, dass er diese neue Herausforderung gesucht habe. Es mache ihm Spaß, mit den Kunden zu reden und ihnen Angebote zu unterbreiten. Denn er weiß natürlich, dass diese wegen des Preises verschiedene Angebote einholen.

Maler aus Weißenfels: Im Vordergrund meiner Arbeit steht der Erhalt der Arbeitsplätze

Buß bekennt deshalb: „Im Vordergrund meiner Arbeit steht der Erhalt der Arbeitsplätze.“ Was fehlt, sind jüngere Kollegen. So hat die Raumkunst derzeit nur einen Lehrling. Leider sei es so, dass sich niemand mehr die Hände schmutzig machen will.

Perspektivisch soll sich auch am Standort etwas tun. Laut Buß hat man bereits einige Garagen vermietet und nun überlegt er, was aus dem großen Firmengebäude werden soll. Das könnte man teilen und vermieten. „Dann haben wir keine unnötigen Kosten, sondern zusätzliche Einnahmen.“ (mz)

Sebastian Hofmann streicht den Treppenaufgang in einem Haus.
Sebastian Hofmann streicht den Treppenaufgang in einem Haus.
Peter Lisker