Lehrermangel in Weißenfels Lehrermangel in Weißenfels: Keine Lehrer - kein Informatikunterricht

Weissenfels - Ganz frei von Sorgenfalten ist die Stirn von Jürgen Mannke nicht , wenn der Leiter des Goethegymnasiums Weißenfels an das neue Schuljahr denkt. „Es ist derzeit sehr, sehr knapp in Sachen Unterrichtsversorgung. Wir schaffen es gerade so, den Unterricht fast komplett abzusichern.“ Sehr knapp, gerade so, fast komplett - das klingt nicht gerade nach Idealzustand. Statt diesem herrscht nämlich, wie praktisch überall im Land, Lehrermangel am Gymnasium.
Bemerkbar macht sich das vor allem an einer Sache: In diesem Schuljahr kann ein ganzer Informatikkurs für die neunten Klassen am Goethegymnasium nicht angeboten werden. „Wir haben keinen Lehrer dafür und wir finden auch keine Vertretung“, sagt Mannke. Das sei natürlich bedauerlich, aber die Schule habe das Beste aus der Situation gemacht.
In den achten Klassen haben die Schüler ein Beratungsgespräch
„In den achten Klassen haben die Schüler bei uns ein Beratungsgespräch. Dabei sollen sie einen Erst- und Zweitwunsch für ihre Wahlpflichtkurse wie etwa Informatik angeben.“ Kann dann der Erstwunsch nicht erfüllt werden, wird eben das zweite Fach belegt. Somit ist immerhin garantiert, dass die Schüler nicht einen Kurs zu wenig besuchen, nur weil es diesen vielleicht gerade nicht gibt. Derzeit sind davon 17 Schüler betroffen. „Wir haben mit allen Schülern und Eltern gesprochen und sie haben diese Möglichkeit akzeptiert“, so Mannke.
Auch das Agricola-Gymnasium in Hohenmölsen ist in Sachen Lehrkräfte „nicht so abgedeckt, wie es sein soll“, sagt Schulleiter Frank Meudtner. Zwar seien für alle Unterrichtsstunden Lehrer da, aber fällt einer davon etwa wegen Krankheit aus, gebe es keinen Ersatz. So schildert auch Direktor Michael Scholz die Lage an seiner Beudnitzschule. „Wir sind knapp ausreichend versorgt“, so Scholz. „Der Unterricht ist abgedeckt, aber ohne Reserven.“
Zu 101 bis 102 Prozent ist der Unterricht am Goethegymnasium Weißenfels derzeit abgedeckt
Am Goethegymnasium seien für dieses Schuljahr bereits viele neue Lehrer eingestellt worden. „Aber gerade bei den MINT-Fächern - also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik - ist es sehr schwierig, Lehrer zu finden“, sagt Mannke. Zu 101 bis 102 Prozent ist der Unterricht am Goethegymnasium derzeit abgedeckt, sagt der Schulleiter. „Das ist nicht viel, optimal sind 105 Prozent.“ Die Prozentpunkte, die über 100 hinausgehen, sind Personalreserven falls mal ein Lehrer ausfallen sollte.
Und die gibt es am Goethegymnasium kaum, wie die Zahlen zeigen. „Zwar können wir gerade fast den gesamten Unterricht abdecken“, so Mannke. „Aber wenn auch nur ein Kollege für eine längere Zeit ausfällt, bekommen wir ein echtes Problem.“ Normalerweise können in dem Fall auch Lehrer von anderen Schulen angefordert werden - theoretisch jedenfalls. Denn praktisch sieht es ganz anders aus: „Es gibt einfach keine Lehrer.“
Problem ist aus Sicht des Schulleiters hausgemacht
Das Problem ist aus Sicht des Schulleiters hausgemacht. „Seit gut 20 Jahren ist bekannt, dass Lehrer fehlen. Aber das Problem ist immer wieder verdrängt worden“, sagt Mannke. „Man hat Neueinstellungen und Ausbildungen schleifen lassen und wundert sich jetzt, dass die Kollegen fehlen.“ Dabei sieht er das Versäumnis eindeutig bei den Landesregierungen. „Das Schulverwaltungsamt in Sachsen-Anhalt trifft da keine Schuld. Im Gegenteil, dort versucht man alles, um uns als Schulen zu helfen.“ Wo aber keine Lehrer da sind, können auch keine hervorgezaubert werden.
Dass die Regierung jetzt mehr Stellen ausschreibt und um Lehrer wirbt, sei ein erster richtiger Schritt, findet Mannke. Aber um des Lehrermangels wirklich Herr zu werden, müssten vor allem mehr Pädagogen ausgebildet werden. „An der Technischen Universität Dresden beispielsweise gab es im vergangenen Jahr 300 Bewerber auf 60 Lehramtsstudienplätze. Warum nimmt man da nicht mehr Studenten auf?“ Gerade in den MINT-Fächern werde sich die Lage in den kommenden Jahren eher noch verschärfen als entspannen, prophezeit Mannke.
Quereinsteiger und Fachleute aus der freien Wirtschaft für den Direktor keine echte Alternative
Auf Quereinsteiger zu setzen und Fachleute aus der freien Wirtschaft anzustellen hält der Direktor aber für keine echte Alternative. „Diese Leute sind vielleicht auf ihrem Gebiet topfit“, so Mannke. „Aber ihnen fehlen natürlich einfach die pädagogischen Grundlagen.“ In Ausnahmefällen, wenn es gar keine Alternativen gibt, könne und müsse aber auf diese Quereinsteiger zurückgegriffen werden.
Die Informatik-interessierten Schüler des Goethegymnasiums können sich indes auf die elfte Klassenstufe freuen. „Dann wird der Kurs auf jeden Fall wieder angeboten“, so Mannke. Vielleicht wird ja aus dem ein oder anderen dann später selbst ein Informatiklehrer. Nötig wäre es. (mz)
