Interkommunales Industrie- und Gewerbegebiet an der A 9 bei Weißenfels Landwirte auf der Bremse
Der Kreisbauernverband lehnt die Pläne für das geplante Industrie- und Gewerbegebiet ab und fürchtet den Verlust von Dutzenden Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft

Weißenfels - Schon in den vergangenen Monaten haben Landwirte aus dem Burgenlandkreis wiederholt Bedenken an den Plänen für das interkommunale Industrie- und Gewerbegebiet an der Autobahn 9 bei Weißenfels geäußert. Vor einer wichtigen Entscheidung dazu im Weißenfelser Stadtrat am Donnerstag hat sich der Kreisbauernverband nun klar gegen das Vorhaben in seiner bisherigen Form positioniert.
Tina Eulau, Geschäftsführerin des Kreisbauernverbandes spricht von einer eiligen Entscheidung und kritisiert, dass alternative Vorhaben zu den Plänen bisher nicht geprüft worden seien. Stattdessen soll Strukturwandel-Geld schnell ausgegeben werden, bemängelt sie. „Wir fordern eine intensive Prüfung, um einen sinnvollen Weg zu finden, wie die Mittel besser genutzt werden können. Was wir nicht brauchen, sind weitere Gewerbegebiete, die 20 Jahre lang leer stehen – aber die Flächen wurden schon mal gesichert“, so die Geschäftsführerin.
Die Landwirte aus dem Landkreis haben eine ganze Reihe von Kritikpunkten und melden unter anderem rechtliche Bedenken bei der Umsetzung an. Nach ihrer Auffassung wäre eine teilweise Flächenbeanspruchung des 440 rund Hektar umfassenden Gebietes östlich der Autobahn für Industrie zwar rechtmäßig, nicht aber für Gewerbeansiedlungen. Da im Regionalplan die landwirtschaftlichen Flächen als Vorranggebiete für Landwirtschaft ausgewiesen sind, müsste nach ihrer Auffassung zunächst ein Zielabweichungsverfahren durchgeführt werden. Dass dieses zugunsten des Industrie- und Gewerbegebiets ausfallen könnte, bezweifeln die Landwirte aber. Für sie sei nicht ersichtlich, welche gewichtigen Gründe zu Gunsten des Vorhabens sprechen könnten. „Unseres Erachtens würde eine Zielabweichung einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten“, hat der Kreisbauernverband nach eigenen Angaben bereits kommunale Vertreter aus Weißenfels, Hohenmölsen, Lützen und Teuchern informiert.
Doch die Landwirte melden nicht nur rechtliche Bedenken an. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Überalterung des Burgenlandkreises und dem bereits präsenten Fachkräftemangel ziehen sie in Zweifel, ob das Ansinnen des Industrie- und Gewerbegebiets gut bezahlte und zukunftssichere Industrie-Arbeitsplätze zu schaffen, an dieser Stelle überhaupt gelingen kann. „Lediglich eine erhebliche qualifizierte Zuwanderung könnte das eventuell absichern, diese ist jedoch nicht in Sicht“, kritisieren die Landwirte.
Befürworter der Pläne sind da deutlich optimistischer und versprechen sich gerade von der Nähe zu Hochschulstandorten wie Leipzig und Halle ausreichend Arbeitskräfte für die Zukunft, die sich perspektivisch auch im Burgenlandkreis ansiedeln und so dessen Bevölkerungsschwund entgegenwirken könnten. In jedem Fall dürfte der Fachkräftebedarf für das Industrie- und Gewerbegebiet nicht ohne Pendler gedeckt werden können. „Eine geplante Pendlerfreundlichkeit soll jedoch erst mit Wachsen des Gewerbegebiets in einer späteren Entwicklungsphase erreicht werden“, bemängeln die Landwirte in ihrem Schreiben an die kommunalen Vertreter. Dem Kreisbauernverband erscheint das Vorhaben hinsichtlich der Ressource „Arbeitskraft“ schlicht nicht für umsetzbar.
Besonders kritisch hinterfragen die Landwirte aber den Verlust hochwertiger Ackerböden. Auch in der vorgelegten Machbarkeitsstudie würden nicht ausreichend Ausgleichsmaßnahmen für den landwirtschaftlichen Flächenverlust vorgeschlagen. Dass für die geplante Versiegelung an anderer Stelle der Rückbau von Industriebrachen erfolgen soll, könne aus ihrer Sicht kein Ersatz für den Verlust der hochwertigen Böden sein. „Diese versiegelten Flächen können keineswegs einen Ausgleich hinsichtlich der Bodenzahl und der Topographie bilden, zumal unklar ist, mit welchem Aufwand die Sanierung dieser ungenutzten Gewerbeflächen verbunden sind“, so die Landwirte.
Einen Betrieb stellen die Pläne außerdem vor Existenzfragen. Das Mitglied im Kreisbauernverband bewirtschaftet im Potenzialgebiet demnach etwa 160 Hektar Pachtfläche, die durch langfristige Pachtverträge bis 2040 gesichert ist. Der drohende Verlust der Flächen würde das Entwicklungs- und Investitionskonzept des Betriebs infrage stellen und hätte zur Folge, dass die derzeitigen rund 80 Arbeitsplätze gefährdet wären, heißt es. „Da durch den Flächenverlust die Schweine- und Rinderhaltung aufgegeben werden müsste, würden zusätzlich 25 Arbeitsplätze im Bereich Veredelung und Direktvermarktung entfallen“, befürchtet man beim Kreisbauernverband. Zusammengenommen könnten so mindestens 105 Arbeitsplätze wegfallen. „Der Verlust dieser Arbeitsplätze kann nicht das Ziel der Planung des interkommunalen Gewerbegebiets sein“, macht der Verband klar