Landrat im Burgenlandkreis Landrat im Burgenlandkreis: Bilanz nach einem Jahr Götz Ulrich

Naumburg - Für einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, vor allem aus dem engeren Stab des damaligen Landrates Harri Reiche, war es ein Schock. Beim Neujahrsempfang 2014, ein halbes Jahr vor der Neuwahl des Landrates, verkündete er, nicht wieder antreten zu wollen, aus gesundheitlichen Gründen. Noch am selben Abend zeigte Götz Ulrich, damals Fraktionschef der CDU im Kreistag, Bereitschaft zu einer Kandidatur. Zwar hatte an dem Abend seine Frau die Brauen ein wenig hochgezogen und gesagt, sie habe da auch ein Wörtchen mitzusprechen. Aber dann hat sich das Ehepaar wohl doch schnell verständigt.
Aber da war ja noch die Schockstarre in der Verwaltung. Vor allem wohl auch die Angst davor, ob ein neuer Mann alles umkrempelt, sich für die engsten Mitarbeiter an seiner Seite neue Leute sucht? Hinzu kam, dass immer mal wieder die Rede davon war, dass die Fußstapfen von Harri Reiche groß, sehr groß seien. Ulrich machte das keine Angst. Nachdem er die Wahl gewonnen hatte, krempelte er nicht das Landratsamt von unten nach oben um, übernahm den Stab von Reiche und erwies sich auch sonst als moderater Politiker, der Rat sucht, offenbar auch Rat annimmt.
Nie ein zweiter Reiche
Ein Jahr später haben sich die Wogen geglättet, wohl schon deutlich früher. Vor allem deshalb, weil Ulrich gar nicht erst versucht hat, ein zweiter Reiche sein oder werden zu wollen. Weil er aber auch andererseits ebenso wenig versucht hat, nur aus prinzipiellen Erwägungen heraus, alles anders zu machen. Aber er ist ein anderer Typ, intellektueller jedenfalls, weniger hemdsärmelig (obwohl auch Reiche fast immer ein Jackett getragen hat). Ulrichs Humor ist ein anderer als der von Reiche. Ulrich hört, wenn man ihn beobachtet, sehr genau zu, denkt nach, wo Reiche auch mal schnell ein Wort abschnitt. Ulrich kommuniziert mit der Öffentlichkeit via Facebook und anderen digitalen Kanälen, was für Reiche Zeit seines Amtes ein verschlossenes Buch geblieben ist. Eigentlich gleichen sie sich in nichts und dennoch in manchem. Der wichtigste gemeinsame Punkt: Engagement für den Burgenlandkreis.
Ein Jahr nach dem Amtswechsel am 15. Juli 2014 ist Ulrich bescheiden bei der Frage nach seiner persönlichen Bilanz. „Das mögen andere beurteilen, ob ich erfolgreich war oder nicht“, sagt er. Vielleicht ist für so eine Einschätzung die Zeitspanne denn auch zu kurz. Zwei Dinge haben ihn durch das erste Jahr getrieben: Welterbe und Asylbewerber. Bei beiden Themen war er letztlich teilerfolgreich. Der Förderverein, dessen Vorsitzender er ist, hat den Welterbestatus zwar nicht erreicht, darf seinen Antrag für Naumburger Dom und hochmittelalterliche Herrschaftslandschaft an Saale und Unstrut aber wiederholen.
Statt eines Rückzugs
Hier hat Ulrich im Verein mit Mitstreitern, auch mit Unterstützung der Landespolitik, Mut bewiesen, nicht vor einem Gutachten einzuknicken. Und es gab neben den befürwortenden genügend andere Stimmen, den geordneten Rückzug aus der Bewerbung anzutreten.
In Sachen Aufnahme von Asylbewerbern hat es zwar Krach, Gegenwind und Auseinandersetzungen gegeben, aber er ist selbst angesichts bis ins Persönliche gehender Verbalangriffe nicht eingeknickt. Auch hier konnte er sich zwar der uneingeschränkten Unterstützung der Landesregierung sicher sein. Und der von engagierten Menschen aus der Region sowie einer klaren Kreistagsmehrheit. „Wir haben da sicher auch Fehler gemacht“, sagt er rückblickend. Mit Sicherheit! Vor allem wurde zu spät reagiert, zu spät mit den Menschen vor Ort, mit den lokalen Verantwortungsträgern gemeinsam agiert. In die Kommunikationslücke stießen bekanntlich mehr oder weniger extreme Akteure. Ulrichs Ablaufplan, erst mit den politischen Gremien im Kreis alles klar zu machen, dann mit betroffenen Kommunen und Bürgern zu reden, war im Fall Tröglitz zu statisch, besser schon in Hohenmölsen. Man habe gelernt, erklärt der Landrat heute.
Dass der Burgenlandkreis mit Tröglitz in die Schlagzeilen geriet, habe aber letztlich auch wieder Positives bewirkt. Der Landkreis wurde bekannter denn je, letztlich auch mit seine guten Seiten. Und „auch das Land hat gelernt“, resümiert Ulrich und verweist auf die Kostenübernahme für die Unterbringung der Flüchtlinge.
Sein Wahlkampfthema geriet so ein wenig an den Rand des Schreibtischs: Bildung, vor allem die Verbesserung der frühkindlichen Bildung als Voraussetzung für einen guten Übergang in die Schule. Nun soll auch das Handbuch für die Erzieherinnen entstehen, sollen entsprechende Projekte verwirklicht und finanziert werden.
Kaum ein neuer Schock
Dass Ulrich jetzt doch im Landratsamt einiges umkrempelt, dürfte Mitarbeiter in keine neue Schockstarre versetzen. Einmal, weil der Schritt, Bildung und Soziales wieder in einem Dezernat zu bündeln, logisch erscheint. Andererseits, weil die Ämter örtlich bleiben, wo sie sind, was nicht nur für Mitarbeiter den Übergang leichter macht, sondern auch für Bürger, die Ämter aufsuchen müssen, unproblematisch ist.
Im Moment scheint das zweite Amtsjahr weniger spektakulär zu werden, aber sicher spannend. (mz)