Kunst in Weißenfels-West Kunst in Weißenfels-West: Was bedeuten die Symbole der Hauswand?

Weißenfels - In Weißenfels ist ein riesengroßer Setzkasten entstanden. Verblüffend echt sieht das Gemälde auf dem Giebel eines Blockes an der Beuditzstraße/Ecke Max-Lingner-Straße neben dem kleinen Einkaufscenter aus. Bis ins kleinste Detail haben Berliner Künstler des Unternehmens Graco prägnante Merkmale der Saalestadt in die aufgemalten Fächer drapiert.
Für junge und alte Bürger
Erik Mahnkopf hat das Bild mitgestaltet. Er schaut gern auf die Tage zurück. „Nachdem wir den Auftrag vom Bauverein Halle-Leuna bekommen hatten, haben wir erst einmal Tuchfühlung mit Weißenfels aufgenommen“, verrät der Mann. Das heißt, die Künstler besuchten ein nahe gelegenes Café. Dort befragten sie inkognito Gäste, wer oder was die Saalestadt für sie darstellt. „Wir wollten etwas für junge und ältere Bürger finden“, so Erik Mahnkopf.
Darüber hinaus recherchierten die Künstler nach weiteren wichtigen Details, die Weißenfels zu dem machen, was es ist - eine historische und kulturell bedeutende Stadt Mitteldeutschlands.
Schachklub Roland und Barocktrompeter Gottfried Reiche
Sie wurden fündig. Ganz unterschiedliche Gegenstände schafften es in den Setzkasten. Das Rathaus in einer Schneekugel, ein Kupferstich von der Saalestadt, der amerikanische Ureinwohner als Symbol für das Museum, eine Briefmarke mit dem Porträt Moritz Heynes, einem 1837 in Weißenfels geborenen Germanisten, haben Platz gefunden. Des Weiteren sind die Springer-Schachfigur, als Wahrzeichen für den Weißenfelser Schachklub Roland, eine Papierrolle mit Noten, das Trompetenmundstück für den 1667 in der Saalestadt geborenen Barocktrompeter Gottfried Reiche und ein Medaillon mit dem Porträt Thomas Müntzers abgebildet. Neben ihnen befinden sich eine Garnrolle, der Schusterjunge und ein Damenschuh - Gegenstände, die auf die Bedeutung von Weißenfels als Zentrum der industriellen Schuhproduktion im 19. und 20. Jahrhundert hinweisen. Der Klavierspieler steht als ein Detail des Stadtbrunnens, die Tasse mit dem Logo und der goldene Schlüssel für den Bauverein und der Buchstabe „W“ aus altem Bleisatz, als Anfangsbuchstabe von Weißenfels. Das Spielzeugauto als Bezug zum Beginn der Benzinherstellung Leuna im Jahr 1926 ergänzt das Bild. Und schließlich wurde noch ein Stromkasten mit dem Design einer DDR-Streichholzschachtel versehen.
Heinrich Schütz bewusst weggelassen
Dass die Künstler dabei nicht unbedingt auf alle bekannten Aushängeschilder, wie Heinrich Schütz, oder Herzog August hinweisen, war eine bewusste Entscheidung. „Wir haben ein gutes Händchen und müssen nicht alles reinbekommen, was in erster Reihe für Weißenfels steht“, so der Fassadengestalter selbstbewusst.
Er und seine Kollegen merkten schnell, welche Wirkung ihre Arbeiten in den zehn Tagen hatte, die sie an der Wand beschäftigt waren. „Erst haben sie skeptisch geschaut“, erinnert er sich noch gut. Dann kippte die Stimmung. Viele Einwohner kamen und sprachen die Künstler an. Sie waren begeistert. Darunter habe sich jede Art von Charakter befunden, erzählt Erik Mahnkopf lachend. Das waren alte, junge und schräge Leute. Alle äußerten sich sehr positiv über die Wand. „Das war unser bester Lohn als Künstler“, ist er begeistert von der Mentalität der Weißenfelser.
Positives Feedback von den Bewohnern
Diese Stimmung ist jetzt noch spürbar an der Beuditzstraße. „Das ist doch mal was anderes als so eine kahle Wand. Ich möchte auch so ein Bild an meinem Block“, sagt ein 29-Jähriger. „Es ist sehr schön. Ich bin ganz begeistert“, lobt Karin Bruske. Das Gemälde werte die tristen Blöcke sehr auf, so die 74-Jährige. Sie muss es wissen. Schließlich lebt die Frau seit nunmehr 49 Jahren in der Wohngegend.
Die Fassade war in die Jahre gekommen. Der Bauverein wollte sie erneuern. Aber nicht nur das. „Wir wollten an einem auffälligen Giebel Inhalte schaffen“, sagt Bauverein-Vorstandsmitglied Guido Schwarzendahl. Er ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis. „Die können das wirklich gut“, sagt er anerkennend mit Blick auf die Gestalter. Irgendwann in den kommenden Jahren werden weitere Giebel in Weißenfels folgen, kündigte er an. (mz)
