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Kunden prellen die Maut für Fahrten

Von Heike Riedel 09.01.2006, 19:01

Langendorf/MZ. - Die Maut gehört seit einem Jahr zum Alltagsgeschäft in der Langendorfer Spedition Götzl. "Jetzt läuft das System technisch", schätzt Geschäftsführer Klaus-Peter Götzl aufgrund der Erfahrungen mit den Fahrzeugen seiner Firma ein. "Und es bringt nichts, die Autobahnen zu umgehen, um ein paar Euro Maut zu sparen. Das wird in vielen Fällen nur teurer", sagt er zu seinen Strecken.

Um von Weißenfels nach Berlin zu fahren, sei nun mal die Autobahn die ökonomischste Variante. Und auch zu anderen Zielen gebe es selten sinnvolle Alternativen unter Ausschluss des Autobahnnetzes, wenn man den Zeitaufwand und den Kraftstoffverbrauch eines Lastzuges beim Anfahren mit den Kosten der Maut aufrechne. Deswegen plant er auch zukünftig mit etwa 70 Prozent mautpflichtigen Strecken. Für ihn und seine Frau, die seit 1990 gemeinsam das Unternehmen betreiben, ist die Maut an sich nicht das Problem. "So etwas gibt es auch in anderen Ländern, da ist es nur gerechtfertigt, wenn die Gebühr auch bei uns erhoben wird", so Katrin Götzl. Dass die Spediteure mit ihr zum Geldeintreiber für den Staat geworden sind, das missfällt ihr aber daran.

Zum Problem wird ihr im betrieblichen Haushalt die Maut im Kontext mit anderen Abgaben, die monatlich im Voraus aufgebracht werden müssen. Diese Art Vorkasse belaste die Firma immer mehr. Erst recht angesichts der immer schwieriger werdenden Situation in der Wirtschaft sowie der schlechten Zahlungsmoral einiger Auftraggeber. So passiert es auch, dass mancher die Mautgebühr auf seiner Rechnung nicht anerkennt, wenngleich seine Fahrt ordnungsgemäß mit dem betriebsbezogenen Maut-Umrechnungsfaktor berechnet wurde. Dann setzt die Spedition zu. Und das sind nicht die härtesten Fälle. Es braucht hin und wieder sehr viel Geduld, um die Fahrleistungen von einzelnen Kunden überhaupt bezahlt zu bekommen.

Mit rund 100 000 Fahrkilometern jährlich bei ihrer Betriebsgröße und dem Schwerpunkt Baustofftransporte liegen Götzls bisher gar nicht so schlecht im Geschäft. Doch der Gewinn verringert sich zusehends. Seit 1997 geht es nicht mehr um eine weitere Entwicklung, sondern um Sicherung des Bestands. Doch auch wenn Klaus-Peter Götzl und seine Fahrer im Winter Güter in die entlegensten Ecken Deutschlands fahren und der Baustoffzug umrüstet wird zum gewöhnlichen Planen-Lkw, kann der Betrieb nur noch sechs Fahrzeuge und bis zu zehn Mitarbeiter verkraften. Den hohen Dieselpreisen ist nicht zu entkommen, ebenso nicht den Lohnnebenkosten.

Umso mehr freut sich der Chef, vier seiner Fahrer mit fast zehn und mehr Jahren Betriebszugehörigkeit schon zur Stammbelegschaft zählen zu können. Auch deswegen stimmt das menschliche Klima bei allen wirtschaftlichen Schwierigkeiten im Unternehmen noch. Es wurde jetzt erst gepflegt mit einem Ausflug vor den Feiertagen auf den Leipziger Flughafen.

Dafür hatte Klaus-Peter Götzl extra sein Lieblingsauto angeschmissen, einen Fleischer-Bus, Baujahr 1972. In liebevoller Kleinarbeit hat er den Oldtimer, der mit seinem original W 50-Motor und 125 PS nicht mehr als 80 Kilometer pro Stunde schnell ist, selbst restauriert. "Wenigstens der rollt ruhig und sicher", blickt er mit Stolz auf seinen "70er-Jahre-Expreß", in dem er seine geschäftlichen Sorgen auch mal vergessen kann.