Kühner Eroberer der Wipfel
Granschütz/MZ. - "Nein, ich bin kein Draufgänger. Die Sicherheit spielt bei meiner Arbeit eine große Rolle", sagt Röder. Zuerst schneidet er einen Keil in den Baumstamm, bestimmt so die Richtung wohin der losgelöste Stumpf fallen wird. Diese Vorhersage klappt auch in Granschütz ausgesprochen gut. Hier stehen riesige Tannen direkt an der Hauptstraße. Vorsorglich sperren drei Leute Gehweg und Fahrbahn ab, doch Äste und Stämme fallen wie bestimmt in den Vorgarten des Privathauses.
Im Normalfall fährt der gelernte Baumaschinist mit der Hebebühne in die Lüfte. Doch immer wieder stieß er damit an Grenzen, in engen Vorgärten zum Beispiel, auf kleinen Hinterhöfen oder schmalen Gassen. Und zufällig erfuhr er vor drei Jahren von einer Baumkletterschule in München, meldete sich zum Crash-Kurs an und hatte von da an ein weiteres Standbein in seinem Unternehmern für Garten und Landschaftsbau. Bei kleinen Bäumen klettert er am Seil hoch, bei großen Exemplaren wie jenen in Granschütz nutzt er Steigeisen, Kletterseil und -gurt. "Wenn ich in luftiger Höhe arbeite, muss der Kopf völlig frei sein, denn die Kettensäge kennt kein Erbarmen", sagt der 43-Jährige und zeigt auf eine Narbe am rechten Arm. Praktische Erfahrung eben. Heute lässt er sich in der Höhe von nichts mehr ablenken, hängt an einem dreifach gesicherten Karabinerhaken und einem zusätzlichen Stahlseil.
"Seit dem Orkan im Dezember haben zum ersten Mal viele Private angerufen. Die Feuerwehr schaffte es nicht, den Windbruch zu beseitigen", erzählt der Unternehmer. Zunehmend sorgen sich vor allem ältere Leute um die Stabilität der Bäume. Die Angst wächst, dass der lieb gewonnene Hingucker im Vorgarten morsch ist, irgendwann umkippt und vielleicht aufs Dach fällt. Dann kommt der Merseburger und erstellt sogar Baumgutachten zur Schadenserkennung. "Ich gebe Hinweise und Tipps. Doch die Entscheidung, einen Baum zu fällen, kann ich niemandem abnehmen", so sagt er. Der Markt ist hart umgekämpft. Stillstand kennt der Unternehmer nicht. So saß er in Weißenfels beim Existenzgründer-Seminar, um sich buchhalterisches Rüstzeug zu holen. Nach Landschaftsbau und Klettertechnik probiert er jetzt eine dritte Geschäftsidee. Bei der Saale-Bau-Messe präsentiert er seinen neuen Gartenshop, schließlich stehen in der Hochsaison bei ihm 10 bis 15 Beschäftigte in Lohn und Brot.