Konzert in Weißenfels Konzert in Weißenfels: Saitenzauber und Kerzenlicht

weissenfels/MZ - Für Silke Deumer und ihren Mann Ronald, Jens Erfurth und Frank Ebert und deren Frauen ist es eine Premiere. Sie erleben nicht nur rockigen Saitenzauber und Balkan-Folk. Bevor das Konzert, das am Freitagabend stattfand, mit der Berliner Band City im Weißenfelser Kulturhaus losgeht, werden sie eine Stunde zuvor im Foyer abgeholt und hinter die Bühne gebracht.
„Ich setze nur noch meine Perücke auf und schon geht’s los“, sagt Gitarrist Fritz Puppel. Damit meint der 69-Jährige seinen Hut, ohne den er keine Bühne betritt. Die Musiker begrüßen die Fans mit Sekt und stellen sich den Fragen der Gewinner, die bei der Freikarten-MZ-Verlosung Tickets erhalten haben. Es ist eine schöne, lockere Atmosphäre, die alle sichtlich genießen.
„Steht Ihr nach über vier Jahrzehnten als Ostrock-Gruppe noch immer unter Erfolgsdruck?“, fragt Ronald Deumer (45) aus Markröhlitz. Frontmann Toni Krahl schüttelt den Kopf. „Wir haben nie unter solch einem Druck gestanden beziehungsweise haben uns diesem nicht gebeugt“, erklärt der schmächtige Sänger mit der Reibeisenstimme. „Wir freuen uns und sind stolz drauf, dass wir immer noch dabei sein dürfen.“ Fritz Puppel ergänzt: „Die Zeiten sind anders, wir waren aber schon zu DDR-Zeiten freischaffend und mussten sehen, dass die Leute kommen und unsere Musik hören wollten.“ Besonders freue er sich, dass unter den 250 Zuhörern im großen Saal viel jüngeres Publikum sei - so zwischen 30 und 40.
Lampenfieber gehört dazu
Die Frauen und Männer machen von Anfang an Party, singen und klatschen stehend mit, jubeln und pfeifen nach Zugaben. Silke Deumer findet die balladenhaften Songs gut. Wirkungsvoll unterstützt wird der Abend unter dem Motto „Unplugged - Das Beste aus 40 Jahren“ mit viel Akustik, drei Gitarren, Violine, Keyboard und Schlagzeug sowie einer stimmungsvoll erleuchteten Bühne mit sieben Kerzenständern. Da kommt Romantik auf und auch ein bisschen Wehmut schwingt mit - beim Lied „Tamara“ in Erinnerung an Sillys charismatische Sängerin Tamara Danz, die an Brustkrebs starb. Auch Titel wie „Sind so kleine Hände“ von Liedermacherin Bettina Wegener und „Sag mir, wo die Blumen sind“ lösen Gänsehautstimmung aus.
„Habt Ihr vor den Auftritten Lampenfieber“, will der Stößener Jens Erfurth im Backstage-Bereich wissen. Das gehöre dazu, jeder konzentriere sich auf seine Weise, Toni und „Goro“ Georgi Gogow (64) müssten zwei-, dreimal aufs Klo. Jedes Konzert und die Voraussetzungen bis hin zur Akustik seien anders, sagt Puppel, der in jungen Jahren als Dozent an der Musikschule in Berlin-Friedrichshain seine Brötchen verdiente, bevor die Band mit „Am Fenster“ den großen Durchbruch schaffte. „Als Musiker total abgebrüht sein, das geht nicht zusammen“, erklärt der Mann an der Solo-Gitarre, der 1972 mit Drummer Klaus Selmke (64) die Gruppe City gründete.
Es gibt Pläne, bestätigen die Rocker ihren Fans, die vor und hinter der Bühne danach fragen. „Wir gehen im Herbst auf Tour mit Konzerten, die heißen nicht mehr Ostrock, sondern Ostlegenden“, meint Toni Krahl mit breitem Grinsen (siehe Beitrag „Auf Tour...“) „Das Management hat gewechselt, aber wir sind immer noch die Alten“, sagt er.
