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Kirchturm in Storkau Kirchturm in Storkau: Bausumme hat sich mehr als verdoppelt

Von Holger Zimmer 10.04.2014, 17:06
Marko Niedergesäß (links) und Sven Rödiger in der Storkauer Kirche bei der Arbeit.
Marko Niedergesäß (links) und Sven Rödiger in der Storkauer Kirche bei der Arbeit. Peter Lisker Lizenz

Storkau/MZ - „Im Juni steht eine Hochzeit an. Es wäre seit vielen Jahren die erste“, sagt Peggy Ebisch vom Freundeskreis der Storkauer Kirche. Seit Jahren lebt die 44-Jährige nach dem Prinzip Hoffnung und mit ihr die Einwohner. Die Hoffnung darauf, dass der marode Turm endlich fertiggestellt wird. Ursprünglich wollte man im Herbst 2012 nur einige Balken als ersten Schritt wechseln. 25 000 Euro sollten damals zunächst investiert werden und noch einmal 50 000 im Jahr darauf. Das Gros der Holzschäden des Fachwerks aber blieb unsichtbar hinter einer davor befindlichen Ziegelmauer der Außenwand. Doch als die mehr und mehr abgetragen wurde, war das, als würde man eine Wundertüte öffnen.

Die Bausumme hat sich seitdem explosionsartig mehr als verdoppelt. Bei 193 000 Euro ist man derzeit angekommen und jetzt müssen noch einmal mehrere tausend Euro her, die für den Außenputz fehlen. Erst wenn die hellen Steine verschwinden und die Glocken nach Jahren wieder geläutet werden können, ist das Ambiente für die Hochzeit stimmig.

Mit einer Beule im Putz hatte 2007 alles angefangen. Ein Holzschutzgutachten folgte. 2009 gab es im Herbst eine Einwohnerversammlung und neben Peggy Ebisch, Vorsitzende des Beirates der Kirchengemeinde, meldeten sich zunächst sechs Interessenten, die in einem Förderkreis mitarbeiten wollten. Durch dessen Aktivitäten bis hin zu Konzerten und Vorträgen sowie Spenden und die Kollekte konnten allein 23.000 Euro aufgebracht werden.

Ramon Benz von der Bad Dürrenberger Firma Benz schlägt die Putznasen von der Außenwand ab und schüttelt noch immer den Kopf über das, was er hier gesehen hat: „Dass es so schlimm ist, hätte ich nicht gedacht. Es war nur eine Frage der Zeit, bis alles eingestürzt wäre.“ Er denkt, dass da in der DDR-Zeit Schindluder und einfach Kosmetik betrieben worden ist, wobei bereits vorhandene Fehlstellen in den Balken einfach zugeputzt worden sind. „Es war eine Minute vor zwölf.“ Und er verweist daneben auf ein Phänomen. So verjüngt sich der Turm bis zum Dach, dessen Last zwischenzeitlich durch ein Gerüst aufgefangen wurde, pyramidenartig um 80 Zentimeter nach oben. Deshalb hat man die neuen Wände ohne Fachwerk, zu denen man sich entschließen musste, schon auf dem Ringanker etwas eingerückt und jede der folgenden Mauerschichten um einige weitere Millimeter.

Denkmalschutz hat das Sagen

Sven Rödiger, Zimmerer aus Bad Dürrenberg, entfernt einen provisorischen Stützbalken und verweist auf die neue Schwelle, die nun auf darunter gemauerten Steinen liegt. Sie und der Ringanker fangen jetzt die Last des Dachstuhls auf. Rödiger bringt wieder die Bretter der Tonnendecke an, die entfernt werden mussten und Marko Niedergesäß vom Maurer und Betonbau Bad Dürrenberg nagelt Schilfmatten an. Mit Lehm wird die Fehlstelle verputzt. Wurden wegen der extremen Schäden mit einer neuen Turmmauer Kompromisse eingegangen, hat hier wieder der Denkmalschutz das Sagen. Und vor der Tür verweist Sven Rödiger auf einen Balken. Ein knappes Viertel davon ist noch übrig, der Rest ist im Laufe vieler Jahre einfach weggefault.

Von schlaflosen Nächten spricht Peggy Ebisch und vielen Fragen, die sie nicht beantworten konnte, nachdem die Fertigstellung des Turms auch zum letzten Jahreswechsel nicht realisiert werden konnte. Bei einer Zusammenkunft mit allen Verantwortlichen habe man deshalb Ende Januar noch einmal die Mitglieder des Freundeskreises detailliert informiert. Auch Pfarrer Uwe Hoff ist froh über das bevorstehende Happy End. Das hat es für die Schkortlebener Kirche nicht gegeben, von der nur noch ein paar Außenmauern stehen. Und er erzählt vom desolaten Giebel des Pfarrhaus-Obergeschosses in Großkorbetha, der vor Jahren abgetragen werden musste. Doch auch das sei nicht mit dem kolossalen Aufwand zu vergleichen, der in Storkau betrieben wurde. Für Hoff ist es ein Zeichen, dass die Einwohner hinter dem Gotteshaus in ihrem Ort stehen. Denn was mit einer profanen Beule im Putz der Fassade angefangen hatte, endete in einer kostspieligen Sanierung. „Und nun ist der Turm faktisch komplett saniert.“

Ramon Benz säubert die Außenwand.
Ramon Benz säubert die Außenwand.
Peter Lisker Lizenz