Inklusion und Gleichstellung Inklusion und Gleichstellung: Verein Ponte Kö ist Anker für Menschen mit Behinderung

Bad Dürrenberg - Das Wochenende wird für Anne Schott ereignisreich: Freitag und Sonnabend tritt sie mit dem Chor in Leipzig auf. Sonntag ist sie beim Konzert mit George Ezra in der Arena der Messestadt. Erlebnisse für eine 24-Jährige, deren Alltag anders ist als bei den meisten Altersgefährten.
Vereins Ponte Kö ist Anker für Menschen mit Behinderung
Anne Schott ist Mensch mit Behinderung. „Anne war ein Frühchen“, erzählt die Mutter. Mit einer frühkindlichen Hirnschädigung ihrer Tochter sollte sich das Leben von Silke und Heiko Schott von heute auf morgen radikal ändern. Als Anne vier Jahre alt war, fanden sie einen Anker, der der Familie noch heute ungeheuer wichtig ist: den Verein Ponte Kö, der seinen Sitz mittlerweile in Weißenfels hat. Seit zwanzig Jahren nehmen sie mit ihrer Tochter an allen Förderwochen teil, die der Verein dreimal im Jahr für jeweils drei Wochen anbietet. Förderwochen für Mädchen und Jungen mit frühkindlichen Hirnschädigungen nach der Heilmethode des ungarischen Neurologen András Petö (1893-1967).
„In den Förderwochen hat Anne das freie Laufen mit Unterstützung gelernt“, erzählt Heiko Schott, heute stellvertretender Vereinsvorsitzender. Und er fügt hinzu: „Es ging nach diesen Wochen immer vorwärts mit Anne“. Fortschritte, die der Familie immer auch teuer waren. Immerhin kosten drei Förderwochen 1440 Euro. Im Jahr 2008 dann der Rückschlag. Die Tochter muss an der Hüfte operiert werden. Seitdem ist sie auf den Rollstuhl angewiesen.
Betreuung auch und vor allem durch die Familie
„Wir wollen unserer Tochter ein weitgehend normales Leben ermöglichen“, sagt Heiko Schott, der im Vertrieb bei der Telekom arbeitet. Ein Leben, zu dem ein mühevoller Alltag gehört. Jeden Wochentag fährt die Mutter ihre Tochter vom heimischen Bad Dürrenberg in die Behindertenwerkstätten der Diakonie am Thonberg in Leipzig. Morgens hin, zwischendurch zurück, nachmittags wieder abholen. Jeden Tag hundert Kilometer. Silke Schott kümmert sich an jedem Tag um ihr Kind.
Es ist ein Leben, das für die Familie aber auch viel Freude bereithält. „Wir wollen Anne ermöglichen, was andere auch erleben“, sagt Heiko Schott. „Ich reise total gern“, erzählt Anne. Barcelona, Mallorca, Italien, Hamburg. Einiges von der Welt hat sie schon gesehen. Ein auf Reisen mit Behinderten spezialisierter Veranstalter macht’s möglich: raus aus dem Alltag, Freunde finden, Eindrücke sammeln, die den Alltag erträglicher machen. Und dann ist da noch der Chor „Thonkunst“ der Diakonie in Leipzig.
Unterstützung und Freiräume
Seit 2014 ist Anne Schott dabei. Stolz erzählt sie von ihren Auftritten. In Leipzig, so wie an diesem Wochenende, oder sogar in Wien und demnächst in Linz. Geht es zu den Auftritten, dann ist oft auch Mutter Silke Schott dabei. „Wir teilen uns in die Betreuung“, erzählt der Vater. Damit jeder auch seine Freiräume bekommt, ohne die der harte Alltag nicht zu stemmen wäre. Silke Schott ist begeisterter Fan von RB Leipzig. Heiko Schott ist leidenschaftlicher Motorradfahrer, geht gern mit Freunden auf Tour. „Davon zehrt man ein paar Tage“, sagt er.
So wie von den Förderwochen des Vereins Ponte Kö, für den Silke Schott ein- bis zweimal in der Woche ehrenamtlich in der Weißenfelser Seumestraße tätig ist. Am Freitag lädt der Verein vor dem Europäischen Protesttag zur Gleichstellung Menschen mit Behinderung am 5. Mai zum Frühstück auf den Markt ein. Will informieren und Mut machen für ein erfülltes Leben mit Behinderung. (mz)
Bürgerfrühstück mit Infoständen und Aktionen: 3. Mai, 10-13 Uhr, Markt Weißenfels