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Hausmeister in Flüchtlingsunterkunft in Hohenmölsen Hausmeister in Flüchtlingsunterkunft in Hohenmölsen: Wischen fegen reden

Von Petra Wozny 04.11.2015, 08:57
Für saubere Flure, Toiletten und ordentliche Grünanlagen sorgt in der Hohenmölsener Flüchtlingsunterkunft Hausmeister Michael Kluge.
Für saubere Flure, Toiletten und ordentliche Grünanlagen sorgt in der Hohenmölsener Flüchtlingsunterkunft Hausmeister Michael Kluge. Peter Lisker Lizenz

Hohenmölsen - Der Tag beginnt für Michael Kluge immer gleich. Sieben Uhr streift er sich die Gummihandschuhe über, füllt warmes Wasser in den Wischeimer, greift zu Desinfektions- und Putzmitteln und beginnt mit der Reinigungsprozedur. „Erst mache ich die Toiletten sauber, dann sind die meterlangen Flure dran, später die zwei Treppenaufgänge.“ Der Mann mit dem grauen Lockenkopf macht nicht den Eindruck, dass ihn das stören würde. Im Gegenteil: „Über den Job als Hausmeister in der Hohenmölsener Flüchtlingsunterkunft bin ich richtig froh.“

Sein ganzes Arbeitsleben hat sich der heute 53-Jährige nicht geschont. Der gelernte Maurer wechselte einst zur Bahn und schuftete hart im Gleisbau. „Nach der Wende habe ich mich von einem Arbeitsangebot zum nächsten gehangelt“, erinnert er sich. Weite Wege oder weniger Geld hätten ihn nicht groß beeindruckt - Hauptsache Arbeit. „Ich bin erst seit fünf Jahren verheiratet, war also Jahrzehnte allein. Da war es mir egal, wann ich nach Hause kam.“ Hart zu knuffen ist er gewohnt. „Ich bin auf dem Land groß geworden. Da musst du zeitig aufstehen und zupacken“.

Doch in diesem Jahr ist selbst diesem ruhigen Mann der Hut hochgegangen. Beschäftigt in einer Reinigungsfirma schuftet er wie ein Berserker, wischt Klassenräume und Großküchen. Des Geld wird immer weniger, die Arbeitszeiten immer länger. „Mit meiner Heike war ich mir einig, dass ich das nicht mehr mitmache“, erzählt er. Gleichwohl war er sich sicher, dass sich die Arbeitsangebote für einen Anfangfünfziger in Grenzen halten werden. Bevor er die Kündigung auf den Tisch legt, bewirbt er sich bei der Naumburger BRU Security GmbH.

Noch Luft nach oben

„Wir betreuen Flüchtlingsunterkünfte in Thüringen und Sachsen-Anhalt“, ist vom Geschäftsführer Dirk Claus zu hören. Das Unternehmen beschäftigt derzeit rund 150 Mitarbeiter. „Da ist noch Luft nach oben. Wir arbeiten seit Monaten unter Hochdruck und brauchen ständig neue Mitarbeiter im Sicherheitsdienst“, schildert Claus.

Er rechnet demnächst mit einem Zuwachs von weiteren 50 Frauen und Männern im Team. Claus charakterisiert die Gemeinschaftsunterkunft von Hohenmölsen als eine Vorzeigeeinrichtung. „Es läuft von Anfang an sehr harmonisch“, beschreibt er die Stimmung vor Ort. Michael Kluge bekommt in diesem Unternehmen einen Job als Hausmeister.

„Trauen Sie sich das zu, dort zu arbeiten?, wurde ich gefragt. Warum nicht, entgegnete ich“, erzählt Kluge und erklärt auch, warum er so spontan reagierte. „Schon zu DDR-Zeiten habe er mit etlichen Polen in der Brigade gearbeitet. Ein gutes Miteinander sei das gewesen. Mit Händen und Füßen habe man sich verständigt. Eben wie jetzt. Kluge, der bislang kaum im Ausland war, hat für Fremde viel übrig. „Ich lerne, wie sie leben, was sie essen, woran es ihnen mangelt. Und ich lerne englisch“, plaudert er und lacht.

„Good morning“

Er begrüßt „seine Jungs“ mit „Good morning“ und bedeutet ihnen, dass sie ihre Zimmer „clean“ halten sollen. Jede Woche besucht er die Flüchtlinge mit der Heimleiterin Katja Lehmann auf den Zimmern. Ordnung und Sicherheit stehe oben an, aber beide haben auch ein Ohr für Sorgen und Probleme. „Die Flüchtlinge haben mein Leben verändert und bereichert“, ist vom Hausmeister zu hören. „Im Familienkreis sind wir uns alle einig: Wer vor Krieg, Bomben und Gewalt wegrennt, macht das nicht leichtfertig.

Er nimmt viel auf sich. Denn was ich hier mitbekomme, lebt hier keiner in Reichtum. Die warten wirklich Monat für Monat auf ihre schmalen Bezüge.“ Kluge weiß, dass seine Meinung nicht alle teilen. „Viele spinnen sich einfach über Flüchtlinge etwas zusammen“, findet er.

Michael Kluge, zu Hause in Wethau, arbeitet gern in Hohenmölsen. Wenn er um sieben Uhr den Dienst beginnt und sich zum großen Wischen aufmacht, dann klappern die Flüchtlinge in den Küchen schon mit den Töpfen, holen sich bei ihm die Ration Waschpulver ab oder fragen ihn, wie die neuen Trockner zu bedienen sind. Und so mancher hilft dem Hausmeister auch, wenn er die Außenanlage pflegt. „Es macht Spaß, wenn wir Hand in Hand arbeiten“, findet er. (mz)