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Großes Schnitzelessen im «Bäumchen»

Von Petra Wozny 05.08.2008, 17:05

Bäumchen/MZ. - Rechts einen Windpark, links die Total-Raffinerie Mitteldeutschland, davor die viel befahrene Bundesstraße 91, dahinter ein Feld. Wer ins "Bäumchen" will, muss abbiegen. Das Gasthaus ist aus Weißenfelser Richtung das letzte Haus im Burgenlandkreis auf der Fahrt in den benachbarten Saalekreis. Ahornbäume stehen vor dem schlichten Bau und ein paar Pappeln dahinter. Den Namen "Bäumchen" hat die Gaststätte vom nahe gelegenen gleichnamigen Ort. Baurechtlich hat Merseburg das Sagen. Das Grundstück gehört Weißenfels. Gewerberechtlich mischt Bad Dürrenberg die Karten.

Egal. Robert Lad, ein Oberbayer, der sich in Weißenfels vor knapp zehn Jahren niedergelassen hat, kommt angesichts der Lage des "Bäumchens" ins Schwärmen. "Erstklassig, super. Des passt schoo", freut er sich. "Ganze 18 Stunden vor der Zwangsversteigerung habe ich erst erfahren, dass das Haus zu haben ist", erinnert er sich an das letzte Jahr. Runtergewirtschaftet bis in die letzte Fuge sei das Haus gewesen, das rund 80 Jahre auf dem Buckel hat. Zu DDR-Zeiten habe die Gastwirtschaft den Spitznamen "Hamsterschänke" gehabt. Lad spekuliert: "Offenbar, weil man von der Feldseite aus relativ ungesehen ins Haus kam."

Romantik an der B 91

"Zur Schnitzelschmiede am Bäumchen" heißt das Haus des neuen Inhabers jetzt, der das Objekt von Grund auf saniert hat. Was entstanden ist, verrät bayerische Urigkeit. Während in der Küche Hightech dominiert, macht sich im Gastraum mit seinen 50 Plätzen und in den zwölf Pensionszimmern dörfliche Romantik breit. Reichlich Holz und viel Beiwerk aus Scheunen, Küchen und Schobern bieten dem Gast abseits der Bundesstraße viel Gelegenheit zur Zerstreuung und verkürzen die Wartezeit auf das Schnitzel. Das buchstäblich erste Haus am Platz ist Einkehr für Fernfahrer, Geschäftsleute, Handwerker, Raffineriemitarbeiter und Gäste aus Merseburg, Weißenfels, Zeitz sowie Leipzig.

Für Robert Lad ist es die zweite Schnitzelschmiede. Über viele Jahre hat er in der Immobilienbranche gearbeitet. "So viel, dass es ungesunde Züge annahm." Der Mann vom Chiemsee zieht in den Osten und die Reißleine. Schließlich kauft er sich eine Hüpfburg und sorgt auf Kinderveranstaltungen für Belustigung und in der Familie für Skepsis. Doch er lässt sich nicht beirren und ist schließlich bei 30 Burgen angelangt. Bei Festen wird gegessen, stellt er fest und baut eine Cateringfirma auf.

Zu seiner ersten Schnitzelschmiede, die in Weißenfels steht, kommt er aus Frust. "Ich habe keine Gaststätte in Weißenfels gefunden, wo mir das Preis-Leistungsverhältnis gefallen hat", erklärt er den Entschluss, die ehemalige "Freundschaft", zu erwerben. "Die Schnitzelschmiede am Schloss" in Weißenfels boomt. Allein im vergangenen Jahr sind 24 000 Essen verkauft worden. Vorrangig natürlich das deutscheste Gericht der Deutschen, nämlich Schnitzel.

Mit der zweiten Schnitzelstube ist es wie mit der zweiten Hüpfburg gewesen. "Schwierig ist es nur beim ersten Mal", klärt der 46-jährige Geschäftsmann auf und zwinkert dem Gesprächspartner zu. Inzwischen ist es so, dass Gäste, die in der Weißenfelser Schnitzelschmiede keinen Platz finden, zum "Bäumchen" gelenkt werden. Die Menükarten gleichen sich.

Auf den Teller kommen die geklopften und panierten Fleischstücke ausschließlich frisch in etwa 40 Varianten. Die täglich rund

50 Gäste im Lokal an der Bundesstraße wissen das zu schätzen. Zum knusprigen Menü gesellt sich ein gut verdaulicher Preis. Geburtstagskinder essen gratis. Robert Lad hat in den vergangenen acht Jahren rund 40 feste Arbeitsplätze geschaffen. Zehn sollen bis nächstes Jahr noch hinzu kommen, darunter sechs für Lehrlinge. Für den Weißenfelser, der herausragende deutsche Küche gern mit besonderem Ambiente bündelt, ist in Sachen Gastronomie also noch lange nicht Schluss.

"Am Bäumchen müssen noch die Außenanlagen gemacht werden. Doch bis die geplante Bundesstraße nicht ausgebaut ist, besteht eine Veränderungssperre", schildert er.

Schnitzelpalast in Halle

Darüber ist der Mann nicht glücklich, baggert aber derweil an anderen Baustellen. In Halle hat er das stuckreiche "Café Hohenzollern" gekauft. Ende des Monats wird es als "Schnitzelpalast" eröffnet. In Weißenfels schmiedet der Schnitzelwirt weitere Pläne. Dort warten die ehemalige Garnisonsbäckerei und die Marställe auf den Ausbau und am Geiseltalsee plant Lad derzeit das Hafenrestaurant.