Geschichte Geschichte: Friedrich Ladegast lernte Orgelbauhandwerk vom Christlieb

weissenfels/MZ - Wenn von den Ladegasts und ihren Orgeln die Rede ist, dann steht fast immer Friedrich Ladegast im Mittelpunkt, der als einer der bedeutendsten deutschen Orgelbauer in die Musikgeschichte einging. Der Meister schuf rund 150 Orgeln, lieferte bis nach Russland sowie in die USA und begeisterte neben Franz Liszt die gesamte musikalische Fachwelt, die ab Ladegast von einer „neuen Orgelästhetik“ sprach. Bei der bis in die Gegenwart anhaltenden Bewunderung für Friedrich Ladegast kommen sein älterer Bruder Christlieb zu kurz.
Friedrich Ladegasts Lehrer
Erst Alexander Koschel untersucht in seiner Schrift „Im Wandel der Zeit. Die Ladegasts und Ihre Orgeln“, die 2004 im Fagott-Verlag in Friedrichshafen erschien, auch das Wirken der bisher vergessenen Familienmitglieder. Dabei verdient Christlieb Ladegast besondere Beachtung. Er war der älteren Bruder Friedrichs. Bei ihm erlernte Friedrich Ladegast das Orgelbauer- Handwerk. Viele Orgeln bauten sie später gemeinsam.
Christlieb wurde am 3. Dezember 1813 in Hermsdorf zwischen Jena und Gera in Thüringen geboren. Bruder Friedrich folgte ihm fünf Jahre später als achtes Kind. Der Vater unterhielt eine Tischlerwerkstatt. Hier wurden offenbar der Umgang mit Holz und das handwerkliche Geschick der Jungen grundlegend ausgebildet. Wo Christlieb sein musikalisches Interesse entfalten konnte und seine ersten Orgelbau-Schritte unternahm, ist noch unerforscht. Bei seiner Heirat mit Johanna Rosina Michael in Hermsdorf 1839 wurde er in den überlieferten Quellen als „Häusler und Orgelbauer“ geführt. Danach wechselte Christlieb Ladegast nach Geringswalde zwischen Rochlitz und Döbeln.
Für 1843 ist er in den Quellen dann in Geringswalde als „Hausbesitzer und Orgelbauer“ verzeichnet. Dazwischen lag die erste Erfolgsphase des jungen Meisters, der seinen jüngeren Bruder Friedrich als Lehrling ausbildete und mit Orgelreparaturen, -umbauten und neuen Orgeln regionale Bekanntheit erlangte, während der jüngere Bruder sich auf Wanderschaft vervollkommnete. Mit Erfolg. Bei seiner Rückkehr setzte er die Zusammenarbeit mit dem älteren Bruder fort. Um 1843 waren beide gleichberechtigte Mitarbeiter in der Werkstatt von Urban Kreutzbach in Borna. Dabei schufen sie gemeinsam eine Orgel für Waldheim.
Friedrich Ladegast machte sich nach weiterer Gesellen- Tätigkeit in Leipziger sowie Dessauer Werkstätten 1846 in Weißenfels selbstständig. Parallel wechselte der ältere Bruder als Orgelbauer nach Glauchau.
Hier gab es wohl eine Phase, in der beide Brüder etwas glücklos wirkten. Auch Bruder Friedrich konnte erst mit der Domorgel für Merseburg 1855 Lorbeer erringen. Danach hagelte es allerdings Aufträge. Das zog auch Christlieb Ladegast an. Der ältere Bruder arbeitete ab Ende der 1860er Jahre in der Werkstatt von Friedrich Ladegast als Werkstattleiter. Er setzte die weiterführenden Ideen von Friedrich um. Erhaltene Quellen von einst bezeichnen Christlieb in diesem Zusammenhang als „trefflichen Meister“, der in „Ladegasts Etablissement die Oberleitung“ hatte. Außerdem ist zu lesen, dass er „in der Mechanik Hervorragendes leistet“.
Zusammenarbeit bis ins hohe Alter
Das lässt auf eine überaus erfolgreiche Zusammenarbeit der Brüder schließen, die der Weißenfelser Werkstatt von Friedrich Ladegast, der nach Studienreisen durch Deutschland sowie nach Frankreich für weitere technische Neuheiten sorgte, internationalen Ruhm eintrug. Christlieb Ladegast wirkte bis 1884 in der Weißenfelser Werkstatt, war noch am Bau der Orgel für die Vaterstadt Hermsdorf beteiligt und ist danach nicht mehr nachgewiesen. Deshalb wird sein Tod für Ende 1884 oder kurze Zeit später angenommen. Auch Christlieb Ladegasts Sohn Ernst Robert war nach der Ausbildung bei Urban Kreutzbach in Borna dann als Orgelbauer in der berühmten Werkstatt des Onkels in Weißenfels tätig, der 1905 starb, rund zwanzig Jahre nach Christlieb Ladegast. Alexander Koschel: „Im Wandel der Zeit - Die Ladegasts und ihre Orgeln“, Fagott-Verlag, 130 Seiten plus zwei CD, 37 Euro, ISBN: 3-00-013898-6