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Förderprogramm in Lützen Förderprogramm in Lützen: Mit himmelblauen Wartburg zurück in den Arbeitsmarkt

Von Andreas Richter 21.03.2019, 11:43
Jörg Brock baut einen alten Wartburg wieder auf. Kerstin Wagner hat die Organisation im Lützener Verein Jugend und Technik voll im Griff.
Jörg Brock baut einen alten Wartburg wieder auf. Kerstin Wagner hat die Organisation im Lützener Verein Jugend und Technik voll im Griff. Peter Lisker

Lützen - Kerstin Wagner hat alles im Griff. „Sie ist die gute Seele des Vereins“, sagt Dietmar Rau, der Vorsitzende des Lützener Vereins für Jugend und Technik. Gerade muss die 55-Jährige noch einiges absprechen. Immerhin hat sich Besuch angesagt im Domizil des Vereins in der Göteborger Straße.

Arbeitsmarkt: Einstieg über spezielles Förderprogramm

Seit September 2016 ist Kerstin Wagner mittlerweile beim Verein beschäftigt. Zunächst über Ein-Euro-Jobs. Seit einem Jahr über ein spezielles Programm zur Förderung Langzeitarbeitsloser (siehe „Rund 200 Plätze...“). Ein Glücksfall für Kerstin Wagner, die in der DDR Wirtschaftskauffrau gelernt hat. Ein Vierteljahrhundert lang hat sie bei der Landtechnik in Hohenmölsen gearbeitet. „Vier Tage vor meinem 25-jährigen Betriebsjubiläum bin ich rausgeflogen.

Die Firma war insolvent“, erzählt sie. Was folgte, waren zermürbende Jahre der Arbeitslosigkeit, erfolglose Bewerbungen und gesundheitliche Probleme. Erst 2016 eröffnete ihr ein Ein-Euro-Job beim Lützener Verein Jugend und Technik eine neue Chance. Im Büro hält die resolute Frau jetzt die Fäden zusammen. Letztlich war es Kerstin Wagner selbst, die den Anstoß dafür gegeben hat, dass sich der Verein als Arbeitgeber für das Programm zur Förderung Langzeitarbeitsloser bewirbt.

Rekonstruktion des himmelblauen Wartburg

„Das Ganze ist eine gute Sache. Es läuft über drei Jahre. Da kann man einiges bewirken“, sagt Ralf Prenz, Koordinator des Programms im Burgenlandkreis. Im Idealfall finden Teilnehmer sogar einen Platz auf dem ersten Arbeitsmarkt. Im ersten Jahr sei das immerhin in 14 Fällen gelungen, berichtet Ralf Prenz. Allein beim Lützener Verein Jugend und Technik sind derzeit vier Frauen und Männer über das Programm zur Förderung Langzeitarbeitsloser beschäftigt.

Auch der Lützener Jörg Brock gehört dazu. Sein Metier ist zurzeit ein alter himmelblauer Wartburg. „Die Erstzulassung stammt vom 14. Januar 1966“, weiß Kerstin Wagner, die das Büro führt. Jörg Brock ist für das Handwerkliche zuständig. Gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen, die regelmäßig in die Werkstatt kommen, bringt der 53-jährige ehemalige Chemiefacharbeiter den 312er Wartburg wieder auf Vordermann. „Man sieht jeden Tag, was man gemacht hat. Bis zum Juni müssen wir fertig sein“, sagt Brock. Dann wollen Bewohner und Gäste der Kleinstadt 750 Jahre Lützen feiern. Im Festumzug soll neben rekonstruierten Buggys auch der himmelblaue Wartburg zu sehen sein.

Wertvolle und gesellschaftliche Aufgabe

„Die Vorbereitung auf den Umzug geht mit großen Schritten voran“, freut sich Dietmar Rau, seit 1998 Vorsitzender des Vereins. Und weil es ganz ohne Geld eben auch in der Werkstatt nicht läuft, kommt der jüngste Besuch gerade recht. „Das ist wie ein zweites Weihnachten“, sagt Rau. Immerhin haben Vertreter der Weißenfelser Firmen Bauer Baumaschinenhandel GmbH und Asphalt und Fugen Bau GmbH einen Scheck über 2.500 Euro mitgebracht. Das Geld soll nun für die Rekonstruktion des Wartburg und den Kauf von Werkzeug verwendet werden. „Manches Werkzeug stammt noch aus den 1970er Jahren“, weiß Rau.

„Der Verein leistet eine wertvolle Arbeit, interessiert Kinder für Technik und holt sie von der Straße“, bescheinigt Maria Bauer vom Baumaschinenhandel. Und Dietmar Rau bricht eine Lanze für die praktische Arbeit: „Wir brauchen auch heute noch Leute, die eine Schraube von einer Mutter unterscheiden können.“ Jörg Brock, der Mann am alten Wartburg, kann das. Und alle 14 Tage kommen junge Leute in die Werkstatt, die ebenso wie er Spaß am Handwerk haben. (mz)