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Eine Liebe auf den zweiten Blick

Von Anka Stolper-Heinike 30.05.2007, 17:28

Weißenfels/MZ. - Um sich gut zu verstehen, bedarf es nicht immer vieler Worte. Dass weiß Frank Böttcher. Seine Blizzy und er vertrauen sich blind und ohne großes Reden. Und das, obwohl die Beziehung zwischen dem Rollstuhlfahrer und der schneeweißen Eurasier-Hündin eher recht kühl begann.

Der heute 48-jährige Invalidenrentner hatte sich sehr einen eigenen Hund gewünscht. Es gelang ihm sogar, Ehefrau Carola zu überzeugen, obwohl die damals noch panische Angst vor Hunden hatte. Gemeinsam studierten Böttchers Fachliteratur, erkundigten sich im Internet, welche Hunderassen geeignet wären. "Zu klein durfte das Tier auch nicht sein. Denn das Hochheben aus dem Rollstuhl ist für mich doch etwas schwierig", so Frank Böttcher.

Schließlich stieß das Ehepaar auf die Eurasier. Der Annonce in einer Fachzeitschrift folgend riefen Böttchers Anfang 1995 bei der Vorsitzenden des Rassevereins in Solingen an und baten um Vermittlung eines Welpen. Doch erst Monate später kam der ersehnte Rückruf aus Frankfurt / Main. Mitarbeiter des Weißenfelser Behindertenverbandes fuhren Frank und Carola Böttcher zum Züchter. Und dort wartete ein acht Wochen alter kleiner Teddybär auf seine neuen Besitzer.

"Als wir Blizzy hatten, gab es mehr Fragen als Antworten", erinnert sich Frank Böttcher. Vor allem das Gassi-Gehen mit dem jungen Hund in der Nacht war für den Rollstuhlfahrer und seine ebenfalls gehbehinderte Frau ein Problem. Da ging auch mal in der Wohnung etwas daneben. Und Blizzy ließ sich von Frank Böttcher nicht am Rollstuhl anleinen. Nur seine Frau durfte das scheue Tier länger berühren. Das Eis zwischen der Hündin und ihrem Herrchen brach dann während eines Urlaubs in der Rhön.

Von da an war die Liebe zwischen dem Wirtschaftskaufmann und der Eurasierin besiegelt. Sie hält nun schon zwölf Jahre. Blizzy weicht Frank Böttcher nicht von der Seite. "Sie beschützt mich sogar beim Bäcker und wird argwöhnisch, wenn mir die Verkäuferin Brötchen in den Rucksack steckt", erzählt der Weißenfelser. Mittlerweile hat seine vierbeinige Freundin sogar eine gewisse Berühmtheit in Weißenfels erlangt. Weil ihr Herrchen als berufener Bürger oft beim Stadtrat und beim Kreistag war und die Hündin mit dabei sein durfte, kennt man sie sogar in der Lokalpolitik. "Die Reaktionen der Menschen sind verschieden, reichen von Freude bis hin zum Argwohn", erzählt Frank Böttcher. Viele würden einem Rollstuhlfahrer den Umgang mit einem Hund einfach nicht zutrauen.

Dabei beweisen Blizzy und ihr Herrchen bei ihren täglichen Touren durch Langendorf und Weißenfels, dass sie ein eingespieltes Team sind. Selbst die Fahrt mit der Bahn von Langendorf nach Weißenfels-West habe gut geklappt, wenn auch mit den üblichen Hindernissen, erzählt der Hundebesitzer und denkt dabei vor allem an zu hohe Bahnsteige und Probleme beim Einsteigen in den Linienbus.

Dass Blizzy schon eine Oma ist und ihr vielleicht noch zwei oder drei Jahre bleiben, ist ein Thema, über das Böttchers nicht so gerne nachdenken. Denn die Hündin ist ihnen ans Herz gewachsen und ein ganz wichtiger Bestandteil ihres Lebens. Einen besonderen Nebeneffekt in der Hausgemeinschaft am Südring hatte Blizzys Einzug vor zwölf Jahren übrigens auch. Im Haus Nr. 73 des Neubaublocks leben mittlerweile zehn Hunde.