Bauhof in der Kritik Ein Team unter Dauerdruck
Immer wieder wurde in der Vergangenheit Kritik am Lützener Bauhof laut. Warum dessen Leiter René Herzberg das so nicht stehen lassen will und welche Probleme ihn beschäftigen.

Lützen - „Kritisiert wird immer schnell, aber die Hintergründe kennt niemand“, beklagt sich René Herzberg. Der Lützener Bauhofleiter sieht sich und sein Team zu Unrecht in ein schlechtes Licht gerückt. Die immer wieder von Stadträten und Bürgern erhobenen Vorwürfe: schlechte Organisation, schlechte Arbeit. Zwar räumt er ein, dass es sichtbare Defizite gebe, die Gründe dafür kann er aber klar benennen: zu wenig Personal und teils mangelhafte technische Ausstattung.
Letztere fängt schon beim Gelände des Bauhofs an. Am Hauptstandort Lützen reiht sich ein improvisiertes Carport ans nächste. Die Lager, Garagen und Werkstätten versprühen noch DDR-Charme, es gibt eine Toilette und ein Pissoir für zehn Mitarbeiter, aber keine Dusche. Die Sozial- und Aufenthaltsräume haben sich die Mitarbeiter mit einfachen Mitteln selbst hergerichtet. Der Hof ist zum Rangieren zu klein, ein Einbahnstraßensystem ist die einzige Lösung. Zu Dienstbeginn, Feierabend und in den Pausen gibt es Stau. „Die Berufsgenossenschaft hat die Zustände schon mehrfach bemängelt“, sagt René Herzberg.
Drei weitere Standorte hat der Bauhof: Zorbau, Rippach und Gostau. Hier sind jeweils zwischen zwei und vier Mitarbeiter mit entsprechender Technik stationiert. Sie kümmern sich weitgehend in Eigenregie um ihre Bereiche.
Insgesamt 17 Mitarbeiter beschäftigt die Stadt Lützen in ihrem Bauhof. Das sind schon mehr als der Personalschlüssel vorsieht, dennoch reichen sie vorn und hinten nicht, um sich dem Mähen städtischer Grünflächen, dem Erhalt von Gebäuden, der Straßenreinigung, der Baumpflege und anderen Aufgaben adäquat widmen zu können. „Eine Flächengemeinde mit 34 Dörfern kann man nicht mit einer Großstadt vergleichen“, sagt Herzberg. „Hier funktioniert so ein Personalschlüssel nicht.“ Hinzu kommt, dass es in Lützen keine Hausmeister für die städtischen Objekte, von der Bibliothek bis zur Grundschule, von der Kita bis zum Rathaus gibt. Das macht der Bauhof mit, oftmals „auf Zuruf“ nebenbei.
Darüber hinaus macht dem Bauhof-Chef ein regelmäßig hoher Krankenstand Sorgen. „Im Schnitt müssen wir mit vier Leuten weniger auskommen“, rechnet er vor. Vorwürfe macht er seinen Mitarbeitern aber nicht. Der Altersdurchschnitt sei über 50. Rücken, Knie und Schultern seien berufstypisch hohen Belastungen ausgesetzt. Hinzu komme oft auch ein psychologischer Faktor. Kritik und Beschimpfungen seien ein ständiger Begleiter seiner Mitarbeiter, so Herzberg. „Die ,grünen Trupps’ kommen mit zwei, drei Mann irgendwo hin, wollen ihre Arbeit machen und dann wird ihnen permanent gesagt, wie schlecht sie doch arbeiten“, ärgert er sich. Die Erwartungshaltung der Leute sei oft ein „Golfrasen“ vor der Tür, den er aber nicht gewährleisten könne.
Natürlich gebe es Pläne, was wann zu machen ist. „Aber im Lauf des Tages kommen ganz oft viele Dinge dazu“, so Herzberg. Für manche von denen, beispielsweise wenn es um Verkehrssicherheit geht, müssen dann sofort andere Tätigkeiten liegen bleiben. Gleiches gilt für den Fall, dass die Sirene ertönt. „Wir sind alle auch bei der Feuerwehr“, berichtet er. Eine Art „schnelle Eingreiftruppe“, die sich ungeplanten Dingen widmen und den anderen Kollegen so den Rücken frei halten kann, wäre ein großer Wunsch von René Herzberg.
Denn gerade die Zeit ab Mai, wenn gleichzeitig das Grün wächst und in den Orten verschiedene Feste stattfinden, duldet keinerlei Unterbrechung der ohnehin schon eng gestrickten Pläne. Zwangsläufig führe jede Sonderaufgabe in einen Teufelskreis, erklärt Herzbergs Stellvertreter Torsten Vetter: „Verzögerungen lassen das Gras länger wachsen. Zu hohes Gras führt zu höherem Verschleiß. Und eine defekte Maschine führt wiederum zu Verzögerungen.“
Reparaturen, die vor Corona und Ukraine-Krieg eine Woche gedauert haben, dauern heute bis zu vier Wochen. Schuld seien Lieferzeiten von Ersatzteilen. Reparaturen im Haus seien nur begrenzt möglich. Unimog, Multicar und Co. seien moderne Autos, deren Fehlerspeicher wie beim privaten Pkw heutzutage in einer Fachwerkstatt ausgelesen müsse. „Freischneider haben eine Lebensdauer von fünf bis sieben Jahren, einige sind bei uns schon über zehn Jahre alt. Die Wartezeit für neue liegt bei zehn Monaten“, verdeutlicht Herzberg.
Hoffnungen setzen er und sein Team nun in den neu gewählten Stadtrat. Ob dieser in der klammen Stadtkasse Mittel für die gewünschten Investitionen findet, bleibt abzuwarten. Dass diese gebraucht werden, davon sind Herzberg und sein Team überzeugt. Gern überzeugen sie auch andere, vor allem Kritiker: „Wir laden jeden gern ein, mal einen Tag bei uns mitzuarbeiten“, so Herzberg. Vielleicht ändere sich dann auch die Kommunikation untereinander. „Und das würde schon viele Probleme vermeiden!“, sagt er.