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Dringend benötigt Dringend benötigt: Warum in Weißenfels die große "Wanne" entsteht

Von Andreas Richter 17.06.2020, 13:30
Mit Bohrpfählen, gefüllt mit Beton, wird die Baugrube für das Regenüberlaufbecken aufwendig gesichert.
Mit Bohrpfählen, gefüllt mit Beton, wird die Baugrube für das Regenüberlaufbecken aufwendig gesichert. René Weimer

Weißenfels - „Die teuerste Badewanne der Stadt“ - so richtig amüsant findet Michael Mädler diese Bezeichnung für das neue Regenüberlaufbecken (RÜB), das da gerade vor den Augen der Weißenfelser in der Großen Deichstraße entsteht, nicht. Immerhin sei das Ganze kein Prestigeobjekt, sondern einfach gesetzlich notwendig, sagt der Chefplaner des Projekts von der Firma Fichtner Water und Transportation GmbH aus Leipzig.

Mädler bringt es auf den Punkt: „Das Wasserrecht erfordert diesen Bau.“ Weil in weiten Teilen der Stadt ein Mischwassersystem besteht. Soll heißen: Schmutz- und Niederschlagswasser werden in einem Kanal aufgenommen. „Mit dem Becken sichern wir, dass bei starkem Regen nur noch mechanisch gereinigtes Abwasser in die Saale fließen kann“, erklärt Mädler.

„Wir bohren bis in den Fels rein"

Und deshalb werden dieser Tage 140 Bohrpfähle mit Beton gefüllt und bis zu 13 Meter tief in die Erde gerammt. „Wir bohren bis in den Fels rein. Das wird der Verbau für die eigentliche Baugrube“, erklärt Thomas Polzer, Projektleiter von der Weißenfelser Abwasseranstalt. Immerhin entsteht das Becken auf einem engen Baufeld mitten in der Stadt - die Saale und bebaute Grundstücke sind in unmittelbarer Nähe.

Bis Mitte Juli wird so die Baugrube mit großem Aufwand gesichert. Erst dann beginnt der Aushub für die eigentliche unterirdische Anlage mit einer Gründungstiefe von etwa sechs Metern. Bis Ende 2021 wird eine Arbeitsgemeinschaft, bestehend aus der Naumburger Bauunion, der Spezialfirma Bauer und dem Beton- und Ingenieurbau Böhlen die Abwasseranlage errichten.

Für Thomas Polzer ist das Projekt eher Routine

Für Thomas Polzer ist das Projekt eher Routine. Immerhin war er schon beim Bau der RÜB in der Markwerbener Straße und an der Agentur für Arbeit an der Promenade dabei. Bei Letzterem noch als Leiter der Baufirma. Damals, Ende 2014, waren sogar Taucher im Einsatz, um Schlammablagerungen am Boden der Baugrube zu entfernen.

Die Bedeutung von Investitionen in Abwasseranlagen zeigt ein Blick in die Weißenfelser Geschichte. Zwischen 2006 und 2011 hatte das Land rund zehn Millionen Euro Strafabgaben verhängt, weil Grenzwerte für Schadstoffe bei der Einleitung des Abwassers aus der überlasteten Kläranlage in die Saale überschritten wurden. In den folgenden Jahren wurde in Weißenfels die Kapazität des Klärwerkes erweitert und mehrere Regenüberlaufbecken gebaut. Nach Fertigstellung des aktuellen Beckens soll darauf ein kleiner Park nach historischem Vorbild entstehen. (ari)

Nun entsteht also das fünfte und letzte Becken dieser Art in Weißenfels. Mehr als acht Millionen Euro brutto nimmt allein die Weißenfelser Abwasseranstalt für das Gemeinschaftsprojekt mit der Stadt und den Stadtwerken dafür in die Hand. Dabei gehört zur gesamten Anlage nicht nur das Becken schlechthin. „Wir bauen zugleich ein hochmodernes Hochwasserpumpwerk“, sagt Michael Mädler. Wenn der Chefplaner davon berichtet, gerät er fast ins Schwärmen.

Anlage mit einer Förderleistung von 2.340 Kubikmetern pro Stunde

Spricht von einem Pilotprojekt, von einem zusammen mit der Technischen Universität Dresden entwickelten Hochwasserschutzsystem, das es so in Deutschland noch nicht gibt. Dabei wird das alte Prinzip einer Mammutpumpe angewandt: Als treibende Kraft dient in ein Rohr eingeblasene Luft, die das Wasser verdrängt und nach oben befördert.

Dabei wird die Anlage mit einer Förderleistung von 2.340 Kubikmetern pro Stunde für einen statistisch vielleicht alle zehn Jahre auftretenden Fall errichtet: Wenn Saale-Hochwasser und starker Regen zur gleichen Zeit auftreten. Ohne Pumpwerk, das das Regenwasser aus dem Kanalnetz in die hochwasserführende Saale hebt, würde das Wasser zurückfließen und das Weißenfelser Stadtgebiet überfluten. „Das ist ein seltener Fall, der jedoch ohne Pumpwerk großen Schaden anrichten würde“, erklärt Mädler. (mz)

Projektleiter Thomas Polzer (links) und Chefplaner Michael Mädler bei einer Besprechung am Bauplan für das Regenüberlaufbecken.
Projektleiter Thomas Polzer (links) und Chefplaner Michael Mädler bei einer Besprechung am Bauplan für das Regenüberlaufbecken.
René Weimer