Die Weißenfelser Die Weißenfelser: Stadtname ist im Westerwald vielfach Personenname

Weissenfels - „Hallo? Weißenfels!“ – Diese Antwort erhält man in der Saalestadt an keinem Telefon. Wohl aber in Leverkusen. Dann, wenn Karl-Josef Weißenfels an den Apparat geht. Weißenfels ist Vorsitzender des Kreissportbundes, dreimaliger Paralympics-Sieger und in Leverkusen zu Hause. Geboren wurde er aber in Notscheid im Westerwald, Kreis Neuwied. Bei dem Namen kein Wunder, gilt Neuwied doch als die Hochburg der Weißenfelse in Deutschland – 156 Telefonanschlüsse sind dort auf den Namen Weißenfels angemeldet, so steht es auf der Seite www.verwandt.de, die dafür Telefonbücher auswertet. Hochgerechnet leben demzufolge 1 200 Menschen mit dem Nachnamen Weißenfels sowie 205 mit der Variante Weissenfels in Deutschland.
Karl-Josef Weißenfels ist unter ihnen vielleicht der bekannteste, ganz sicher der erfolgreichste: Er errang 1988, 1992 und 1996 mit dem Volleyballteam die Goldmedaille bei den Paralympics. Zudem ist er drei Mal Welt-, fünf Mal Europameister, zwei Mal Europacup-Sieger und dreifacher deutscher Meister. Er sagt, er sei „einer der erfolgreichsten Mannschaftsspieler Deutschlands“, international erhielt er die Auszeichnung als „weltbester Volleyballspieler der Behinderten“. Tatsächlich war er auch vor seinem Motorradunfall, weshalb der rechte Unterschenkel amputiert werden musste, ein sehr guter Volleyballer. Erfolgreicher wurde er aber danach.
Weißenfels in Münster
Auf seinen Nachnamen wird der Vater von fünf Kindern allerdings weniger beim Sport als bei der Arbeit angesprochen. Er leitet einen Busbetrieb und da komme schon mal die Sprache auf Name und Stadt – „meist weil jemand Verwandte dort hat“, erzählt der 63-jährige. Er selbst habe sich kurz nach der Wende informiert, „wie meine Untertanen leben“, sagt er im Scherz. Damals gewann er den Eindruck, die Gegend sei insbesondere für die Kohle bekannt. Doch auf die Versicherung hin, dass es mehr gibt, sagt er auch, dass er vielleicht mal nach Weißenfels reist. In Dresden sei er schon gewesen, Leipzig stehe bevor und da sei Weißenfels ja nur eine kurze Strecke entfernt.
Auch ein Fußballer trägt die Saalestadt als Namen: der 23-jährige Jesse Weißenfels. Der Stürmer spielt seit dieser Saison für den Drittligisten Preußen Münster. Er sagt, er sei noch nie in Weißenfels gewesen. Gleichwohl fällt ihm sofort ein, dass die Stadt eine gute Basketballmannschaft habe. „Da könnte man ja mal hin“, findet er. Übrigens: Er sei bisher noch nie auf seinen Nachnamen angesprochen worden, wohl aber auf den Vornamen.
Dass in Weißenfels weder Herr noch Frau Weißenfels wohnt, ist nicht ungewöhnlich. Ortsbezogene Nachnamen seien den Menschen schließlich meist erst in der Fremde gegeben worden, um sie zu kennzeichnen, wie Jürgen Udolph, vom Zentrum für Namensforschung in Leipzig, immer betont.
Bis nach Übersee
Dafür haben es die Weißenfelse oder vielmehr Weissenfelse bis nach Übersee geschafft. Die Internetseite Forebears listet für die USA 116 Namensträger auf. Vor 250 Jahren hat ein Vertreter dieses Namens sogar im Unabhängigkeitskrieg für die Vereinigten Staaten gekämpft: Frederick Baron de Weissenfels – auch Friedrich Heinrich von Weissenfels. Er wurde 1738 im heute polnischen, damals preußischen Elbing geboren und unter Friedrich II. von Preußen zum Soldaten ausgebildet: Er wanderte in die USA, damals noch britische Kolonie, aus. Dort wurde er Teil eines ungewöhnlichen Regiments, in das Soldaten, die in fremden Armeen als Offizier oder Ingenieur gedient hatten, in gleicher Position eintreten durften. Baron de Weissenfels gehörte zu einem der rund 50 Personen aus Deutschland und der Schweiz, die das wahrnahmen. Für die britische Armee nahm er am Französisch-Indischen Krieg teil und ging 1763 in den Ruhestand. – Doch zwölf Jahre später zog er wieder ins Feld. Dieses Mal, um die Briten, von deren Ruhegeld er eigentlich lebte, zu bekämpfen. Dass er mit den USA am Ende siegte, hat sich für ihn nicht ausgezahlt. Bis zu seinem Tod im Jahr 1806 steckte er ohne die britischen Ruhebezüge in einer finanziellen Misere. Er bat bei verschiedenen Institutionen bis hin zum Präsidenten George Washington um eine Arbeitsstelle oder Geld. Doch ohne Erfolg.
Immerhin: Heute gibt es im US-amerikanischen Staat Washington einen 941 Meter hohen Höhenzug mit dem Namen Weissenfels-Kamm (Weissenfels Ridge). Vielleicht ja des Barons wegen. (mz)
