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Projekt für Bildungscampus „Detektive“ sind der Geschichte des Weißenfelser Klosters St. Claren auf der Spur

In Weißenfels soll in den nächsten Jahren ein Bildungscampus entstehen. Im ältesten Gebäude der Stadt liefern Bauforscher jetzt wichtige Grundlagen.

Von Andreas Richter 05.09.2021, 12:00
Tanja Winter, Tim Köchmann und Christian Fuchs (v.li.) von der Firma Winterfuchs erforschen die Baugeschichte des Weißenfelser Klosters.
Tanja Winter, Tim Köchmann und Christian Fuchs (v.li.) von der Firma Winterfuchs erforschen die Baugeschichte des Weißenfelser Klosters. (Foto: Andreas Richter)

Weißenfels/MZ - Es ist eine Arbeit, die sich weitgehend im Verborgenen abspielt: In den Mauern des 1301 errichteten Weißenfelser Klosters St. Claren gehen derzeit Bauforscher der Geschichte des ältesten Gebäudes der Stadt auf den Grund.

Der Hintergrund: Das ehemalige Kloster neben dem Goethegymnasium soll einmal Teil eines Bildungscampus im Weißenfelser Zentrum werden. Doch der Weg zu ersten konkreten Baumaßnahmen ist weit. „Eine denkmalgerechte Vermessung und ein bauhistorisches Gutachten sind Voraussetzung dafür, um irgendwann baulich etwas verändern zu können“, erklärt Thomas Jähnel, Leiter des Bauamtes beim Burgenlandkreis.

Raum für Raum untersuchen sie den Wandel des Gebäudes im Laufe der Jahrhunderte

Im Oktober vergangenen Jahres waren die Vermesser vom Büro „b.a.u.werk“ aus Weimar die ersten, die im Ergebnis einer europaweiten Ausschreibung im Kloster ihr Werk begonnen haben. Um den Jahreswechsel herum kamen dann der Restaurator und zwei Bauforscher. Seitdem erkunden sie akribisch die Baugeschichte des ehemaligen Klosters. „Das ist wahre Detektivarbeit“, sagt Christian Fuchs vom Büro Winterfuchs aus Berlin, das den Zuschlag für die Arbeiten im Kloster erhalten hat.

Raum für Raum untersuchen sie den Wandel des Gebäudes im Laufe der Jahrhunderte, begutachten Zentimeter für Zentimeter Fußböden, Wände und Decken. Welche Funktion hatten die Räume? Wo sind Durchbrüche entstanden? Worauf lassen bestimmte Öffnungen und Bögen im Mauerwerk schließen? Was sagen gefundene Mörtelreste aus? Fragen wie diese umtreiben die Spezialisten. „Dieses Gebäude ist ein Paradies für Bauforscher“, sagt Tanja Winter vom Berliner Büro.

Erst ab dem 18. Jahrhundert gibt es Baupläne und Grundrisse vom Kloster

Dankbar sind sie für die Unterstützung durch Olaf Brückner, den Vorsitzenden des Bürgervereins Kloster St. Claren. Seit zehn Jahren leistet er in Archiven in Merseburg, Dresden oder Wernigerode wichtige Vorarbeit zur Erforschung der Kloster-Geschichte. Dank dessen konnte er den Fachleuten jetzt sogar konkrete Nummern von Akten liefern, anhand derer sie weiter forschen können.

Erst ab dem 18. Jahrhundert gebe es Baupläne und Grundrisse vom Kloster, erklärt Brückner. Eine wichtige Grundlage seien zudem Inventarlisten aus dem 16. Jahrhundert, in denen Räume des Klosters detailliert beschrieben werden. „Olaf Brückner ist eine wandelnde Enzyklopädie“, sagt Dr. Muriel Wipfler. Die Kunsthistorikerin koordiniert für den Landkreis Großprojekte auf dem Gebiet des Denkmalschutzes und der Bildung.

Am 9. September werden nun Bauforscher und Restaurator einen ersten Zwischenbericht ihres Tuns geben

Am 9. September werden nun Bauforscher und Restaurator einen ersten Zwischenbericht ihres Tuns geben. Am Ende ihrer aufwendigen Arbeit werde ein sogenanntes Raumbuch stehen, in dem die bauliche Entwicklung des Klosters kompakt dargestellt sein wird, erklärt Muriel Wipfler.

Bis zum Jahresende werden sie damit noch zu tun haben. Vermutlich werden sie in den historischen Mauern nebenbei noch so manch interessante Entdeckung machen. So wie neulich, als in einem Schacht unter anderem vergilbte Reste von DDR-Zeitungen, ein barockes Tintenfass und ein Transparent ans Licht befördert wurden, auf dem die Freiheit für den chilenischen Kommunisten Luis Corvalán gefordert wird.

Schließlich geht der Blick der Forscher sogar über das Kloster hinaus. In dieser Woche, so berichtet Olaf Brückner, haben sie sich in der Klosterkirche in Langendorf umgesehen und aufschlussreiche Parallelen zur Baugeschichte des Weißenfelser Klosters ziehen können.