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Classic-Cup in Zorbau Classic-Cup in Zorbau: Awo verpflichtet

Von Julia Reinard 25.08.2013, 20:19
Fast wie vor 60 Jahren - auf Awo-Motorrädern fahren Fans im Zorbauer Gewerbegebiet ihre Rennstrecke entlang.
Fast wie vor 60 Jahren - auf Awo-Motorrädern fahren Fans im Zorbauer Gewerbegebiet ihre Rennstrecke entlang. Peter Lisker Lizenz

Zorbau/MZ - „Es sind mehr Autogramme denn je“, gibt Hans-Joachim Scheel schmunzelnd zu. Der 80-Jährige ist eine Motorradrennfahr-Legende und musste beim Classic-Cup in Zorbau so oft seinen Namen in Bücher, alte Magazine, auf Fotos setzen wie früher nie. Dabei war der zweimalige DDR-Meister auch damals nicht unbekannt: Hunderttausende verfolgten in den 1950er Jahren die Motorradrennen, es gab Berichte über ihn in den Zeitungen und auch Autogrammkarten.

In drei Klassen wurden Rennen gefahren. Die erste (für Straßen zugelassene Maschinen) entschied Frank Ebert aus Dresden für sich, die zweite (umgebaute Awo-Maschinen) der Plauener Gerd Rieger und die dritte (Original-Rennmaschinen und Replikas) Dieter Messerschmidt aus Langenbrück. Der Vereinschef des organisierenden Motorradclubs Dragon Bikers, Torsten Busch, spricht von 1 000 Gästen und sagt, sie seien „äußerst zufrieden“ mit der Veranstaltung.  (jur)

Vielen der anderen früheren Rennfahrer und Monteure ging es ähnlich: Die Veranstalter, der Weißenfelser Motorradclub Dragon Bikers, hatten diejenigen eingeladen, die in den 1950er und 1960er Jahren Awo-Motorräder sehr erfolgreich gefahren haben oder an den Rennergebnissen Anteil hatten. Die Awos (Kurzform von Awtowelo) entstanden in Suhl, bevor man dort zur Produktion der Simson-Maschinen überging.

Eine gute Idee, denn die Haudegen lockten viele Menschen an. Manche erinnern an gemeinsame Fahrten. Andere, wie Wolfgang Könnecke aus Wolfen, kamen, weil sie Scheel dereinst hatten fahren sehen. Wieder andere fragen, wie es in seinem Leben weiterging. Ungewöhnlich - ist wohl die richtige Antwort. Scheel hatte 1959 in Bernau einen schweren Unfall. Später studierte er Medizin bis zum Doktortitel. Noch später floh er mit seiner Familie in den Westen - „im Kofferraum eines Diplomaten“, erzählt er. Es ging über Checkpoint Charlie. „Die Stiefel, die ums Auto herumgingen, haben wir gehört.“ Aber sie blieben unentdeckt. Und er begann in Warburg (Nordrhein-Westfalen) ein neues Leben als Arzt mit Praxis, aber ohne Motorradsport und ohne dass jemand ahnte, welche Vergangenheit dieser Mann mitbringt.

60 Jahre nachdem die erste  Awo-Rennmaschine an den Start gegangen war sieht das anders aus. In Zorbau sind sie: die sich erinnern, die Weggefährten, die Beeindruckten.

Auch Helmut Weber signiert. Er war einmal auf einer Awo DDR-Meister, 1957. Er wohnt in Radefeld bei Leipzig und findet es „interessant, dass sich noch heute so viele für die Maschinen interessieren“. Neben ihm steht der frühere Awo-Monteur Harry Riese. Ein unscheinbarer Mann, aber er sorgte elf Jahre lang als Betreuer der Rennmaschinen dafür, dass Männer wie Weber und Scheel ganz vorne dabei waren. Zumindest bis Ende der 1950er, als die Produktion umgestellt wurde und die Awos keine Chance gegen Neuentwicklungen mehr hatten.

Nicht nur die Herren, auch die Maschinen glänzten in Zorbau. Sie waren liebevoll aufgebaut oder instand gehalten. So wie die mit der Startnummer 127. Ein exakter Nachbau einer früheren Maschine, (Replika). Die 127 war Scheels Nummer, die am Samstag an Frank Marischeskis Awo hing. Da der aber lieber bastelt, als über die Piste düst, gab er Peter Taufelder die Möglichkeit, mal wieder auf so einer Awo zu sitzen - auch ein ehemaliger Motorradrennfahrer. Awo verpflichtet, wie es scheint.

So kam jeder auf seine Kosten, auch Besucher, die wie Ina Plötz zum ersten Mal dabei waren. Ihr Fazit: „Ich fand es sehr schön.“