Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Mit Humor in der Offensive
Wengelsdorf/MZ. - Weil das Kultur-Café von Uta und Dieter Bernecker in Großkorbetha zu klein ist, ziehen sie am Donnerstag in den Wengelsdorfer Saal um. Dort tritt ab 19.30 Uhr der Leipziger Kabarettist Bernd-Lutz Lange mit dem Programm "Teekessel und Othello" auf. MZ-Redakteur Holger Zimmer sprach mit dem 66-Jährigen.
Der Programmtitel klingt nach Othello-Keksen zum britischen Fünf-Uhr-Tee . . .
Lange: . . . ist aber eine Urvariante des absurden sächsischen Humors. Und die ist mir mit ihrer Selbstironie besonders sympathisch. Sie erinnert an den jüdischen Witz. So wie die Juden angefeindet wurden, werden die Sachsen belächelt. Beider Witz ist eine offensive Antwort darauf. Mich jedenfalls hat der jüdische Humor mit seiner Doppelbödigkeit und weil man die Pointe selbst zu Ende denken muss, immer inspiriert. Meine "Teekessel und Othello"-Lieblingswitze sind ein Extrakt aus 100 Jahren.
Sie haben zwei ihrer Bücher zwar nicht über jüdischen Witz, sondern über jüdisches Leben in Leipzig geschrieben.
Lange: Ich gehöre zur Generation, deren Eltern mit dem Nazi-System entweder verbunden oder unter ihm schlimme Erfahrungen gemacht haben. Da hat man nachgefragt. Als ich in Leipzig Fuß gefasst hatte, bin ich auf Spurensuche gegangen, habe in alten Adressbüchern Anschriften von Synagogen oder Gebetsräumen gefunden und Gespräche mit Überlebenden geführt. Entstanden ist 1986 ein Beitrag in den Leipziger Blättern, der erste in der Messestadt, der sich nach 1945 mit jüdischem Leben beschäftigte. Ehemalige Leipziger aus vielen Ländern der Welt haben mir danach geschrieben.
Gibt es noch Kontakt mit Ihrem ehemaligen Partner Gunter Böhnke?
Lange: Wir treten noch einige Male im Jahr mit Tom Pauls in dem Lene-Voigt-Programm "Kaffeegespenst" auf . Aber zu meinem 50. Geburtstag habe ich zu Gunter gesagt: Zehn Jahre noch, dann sollte jeder tun, was ihm gefällt. Ich denke, wir haben alles gemacht, was man miteinander tun kann. Nun trete ich seit 2004 vor allem mit Katrin Weber auf. Mit einer Frau kann man natürlich andere Dinge thematisieren. Das hätte mit Gunter nicht geklappt, selbst wenn er eine Damenperücke getragen hätte.
Mit Böhnke waren sie 16 Jahre ein Paar, wie lange werden sie eins mit Katrin Weber sein?
Lange: In drei Jahren ist Schluss.
Das überlegen Sie sich noch mal.
Lange: Nee. Auch das Aufhören muss man trainieren. Ich lasse es als Kabarettist langsam ausklingen. Und es ist doch besser, wenn die Leute schade sagen und nicht, dass es nun aber Zeit wird. Womit ich nicht aufhören werde, sind meine Lesungen.
Sie bezeichnen sich selbst als Ost-68er.
Lange: Ich bin in jenem August in Prag gewesen. Hippies aus aller Welt haben da Songs von Bob Dylan und "Simon and Garfunkel" auf der Karlsbrücke gesungen. Dann bin ich zurück und war schockiert, als zwei Tage später der Rundfunk vom Einmarsch berichtete. Mit Dubcek verband ich große Hoffnungen. Und dieser Traum spielte auch eine Rolle, als wir als "Leipziger Sechs" 1989 keine Gewalt gegen Demonstranten forderten.
Sie haben nicht nur als Kabarettist gegen den Strich gebürstet?
Lange: Meinen ersten Konflikt mit der DDR hatte ich mit 14 Jahren. Ich entschied mich für die Konfirmation und gegen die Jugendweihe und durfte nicht auf die Oberschule. Da habe ich das Abitur auf der Abendschule gemacht. Und als Kabarettist? Da hatte man zum Beispiel im Fernsehen keine Chance. In den letzten 20 Jahren habe ich hingegen unheimlich viel realisieren können.
Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Lange: Ich nenne als Beispiel nur mal mein Buch "Magermilch und lange Strümpfe". Das findet die Generation der Nachkriegskinder sehr interessant, weil sie hier ein Stück gelebtes Leben zurückkriegt.
Karten gibt es in Großkorbetha in Ackis Dorfladen, Mittwoch zwischen 17 und 19 Uhr in Berneckers Kultur-Café, beide in der Weißenfelser Straße, oder an der Abendkasse.