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Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Giftanschlag-Prozess belastet Opfer

Von HEIKE RIEDEL 20.12.2012, 18:01

LÜTZEN/MZ. - Endlich ist sie ran die Festtagspause. Nicht nur die 55 Mitarbeiter der Firma Fiedler Maschinenbau können sich ein paar Tage erholen. Auch Geschäftsführer Joachim Zöphel sucht Abstand von den betrieblichen Problemen. Doch selbst in der Ferne findet er den nicht. Der Gerichtsprozess um vergifteten Kaffee in Halle hat alles wieder aufgewühlt, womit er abgeschlossen zu haben glaubte. Und er kostet ihn viel Zeit, die er eigentlich seinen Kunden widmen müsste.

"Seit April sind die Aufträge wieder rückläufig", sagt Zöphel und weiß sich damit im wirtschaftlichen Trend seiner Branche. Umso intensiver muss er die Kontakte mit der Kundschaft pflegen und neue herstellen. Anrufe, Arbeit mit dem Internet, Werbung verschicken, Briefe schreiben - ein großer Teil der Kundenakquise passiert im Büro, der andere außerhalb. Dafür braucht er einen klaren Kopf, besonders dann, wenn die Verträge ausgehandelt werden.

"So bin ich abgelenkt", sieht der 43-Jährige das Positive an der Situation. Er weiß, dass die drei Männer, mit denen er nach dem Giftanschlag dem Tod im Weißenfelser Krankenhaus nur knapp entkommen ist, bis heute das Geschehen nicht verarbeitet haben und jetzt die alten Wunden aufgerissen werden. Mancher kann noch keinen Kaffee wieder trinken, ohne dass sich sein Körper des Gifts erinnert und wieder mit Übelkeit und Schwindel reagiert.

Zöphel musste sich damals schon schnell wieder auf die Firma konzentrieren, die durch die Wirtschaftskrise in Schieflage geraten war. Da hat er den Ermittlern zugearbeitet, was die wünschten, denen die Aufklärung der Vorfälle überlassen und alles weggeschoben, was ihn von der Arbeit abhielt.

Auch jetzt versucht Zöphel sich auf die Betriebsführung zu konzentrieren, doch mit jeder Frage des Gerichts muss er wieder in die Vergangenheit eintauchen. Um gewünschtes Material bereitzustellen, hat er alte Vorgänge durchforsten müssen. Geht sein Arbeitstag gewöhnlich von 6.30 bis fast 19 Uhr, hängt er ihm jetzt die Vorbereitung auf den Gerichtsprozess an. Gerechnet hat er mit einem einmaligen Vernehmungstermin, sei doch eigentlich alles schon einmal gegenüber der Polizei gesagt worden. Nun ist er bereits das dritte Mal nach Halle eingeladen worden. Es scheint eine lange und schwierige Verhandlung zu werden, wird ihm klar. "Das macht mir Angst", sagt er und meint damit die psychische und zeitliche Belastung der Betroffenen.

"Ich möchte Klarheit und die Verurteilung des Täters", das aber bleibt sein Ziel. Weil der Betrieb dies brauche für seine Zukunft. Personal hatte gekündigt, weil es die Angst nicht ertrug, die jeden Tag mit zum Arbeitsplatz kam. Die Lücken im Büro sind mittlerweile wieder geschlossen. Und auch die Fertigung steht auf solidem Fundament. Dafür wird regelmäßig investiert. Eine Fahrständerfräsmaschine für 450 000 Euro ist als eine der letzten Investitionen in Betrieb gegangen.

Im Drei-Schichtsystem werden in der Werkhalle Teile aus Metall oder Kunststoff nach Vorgaben von Kunden - zumeist aus dem Maschinen- und dem Fahrzeugbau - hergestellt, kleine und große, Prototypen und manchmal Serien bis 30 000 Stück. Die Arbeit ist abwechslungsreich und spannend bis in die Produktion hinein. Dort wird gedreht, gebohrt, geschweißt, gedreht, neuerdings auch gewuchtet. Die meiste Arbeit läuft über computergesteuerte Maschinen. Und die füttern die Männer immer wieder mit Teilen, die sie selbst erst kennenlernen müssen. Je mehr Kunden umso unterschiedlicher die Produkte.

Was Joachim Zöphel seit 2006 geleistet hat, kann sich sehen lassen. Damals ist er schrittweise in die Geschäftsübernahme von Peter Fiedler eingetreten. Er hat die Firma 2000 während eines Praktikums als Student kennengelernt und Fiedler als Unternehmensnachfolger überzeugt. Heute laufen die Fäden vor allem bei ihm zusammen. Und er ist zudem Familienvater, hat eine vierjährige Tochter.