Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Gelbe Engel leben im Dauerstress
WEISSENFELS/ZEITZ/MZ. - "Nein, Ostern ist nicht ausgefallen", sagt Michael Patzer und lächelt verschmitzt. Aber die Zeit mit der Familie war arg eingeschränkt. Der Grund ist schnell genannt - er hatte mit weiteren sechs Kollegen an diesen Tagen Dienst. Sprich, kaputte Autos flott zu machen - das ist das Geschäft der Männer vom Autohaus Reinicke in Weißenfels. Allein zum Osterfest gab es rund 50 Einsätze, über die Hälfte der liegen gebliebenen Fahrzeuge mussten abgeschleppt werden. Zu den Pechvögeln gehört beispielsweise Fabien Klein aus dem unterfränkischen Bad Neustadt. Die 27-Jährige blieb ungewollt auf der A 38 stehen. Kfz-Mechaniker Thomas Kahnt hievte ihr Auto auf den Lkw und per huckepack ging es ab in die nächste Autowerkstatt. Dort soll der Fahrerin mit ihrem Pkw weitergeholfen werden.
Im Auftrag des ADAC ist die Kfz-Firma als Subunternehmer rund um die Uhr dafür zuständig, Kraftfahrern aus der Patsche zu helfen. Die Feiertage gehören zu den Stoßzeiten. Das weiß Patzer aus jahrelanger Erfahrung. "Man kann regelrecht darauf warten, bis das erste Fahrzeug eine Panne hat", berichtet der 50-jährige Kfz-Werkstattmeister. Zu Beginn der Ferien sowie am Freitag und an Sonntagen kommen die Mitarbeiter, es sind insgesamt sieben Kfz-Mechaniker, mitunter gar nicht hinterher, die Autos zu reparieren oder wenn es gar nicht mehr geht, auch abzuschleppen. Zu Stoßzeiten sind die Schichten doppelt besetzt. "Aber auch der letzte Winter machte uns mächtig zu schaffen", so Mechaniker Benjamin Köhn. Vor allem defekte Batterien mussten quasi im Akkord ausgetauscht werden.
Die Gründe, warum die Autos liegen bleiben, sind vielfältig: Da geht es um defekte Reifen, gibt der Keilriemen den Geist auf, versagen Bremsen oder die Lichtmaschine macht schlapp. An der Raststätte Osterfeld gibt es ebenfalls viel zu tun: Nämlich dann, wenn Kraftfahrer falsch getankt haben, statt Benzin lassen sie Diesel ein oder umgekehrt. Das komme sogar ziemlich häufig vor. Doch das sei nicht das größte Problem. Patzer nennt einen anderen Grund: "Mangelnde Wartung der Autos ist Hauptursache Nummer eins, warum sie schlapp machen." Bei neueren Fahrzeugen streike zumeist die Elektronik. Gut 3 000 Reparaturen und Abschleppdienste stehen jährlich zu Buche. Schwerpunkte sind dabei die A 9 von der Thüringengrenze bis hoch nach Günthersdorf und die A 38 bis Merseburg sowie bei den übrigen Straßen der halbe Burgenlandkreis. Nicht selten kommt es vor, dass ausländische Fahrer um Hilfe bitten. "Irgendwie können wir uns verständigen, mit Zeichensprache und ein paar Brocken Englisch", sagt der Werkstattmeister. Bis jetzt habe man noch jedem weiterhelfen können. Auch einem polnischen Autofahrer, der kein Geld dabei hatte und seinen Pkw als Pfand zurückließ. Nach drei Monaten holte er sein Fahrzeug ab. Patzer kann noch mehr kuriose Sachverhalte aufführen: So hatte einmal ein Hund, der auf dem Autobahnparkplatz im Auto zurückgelassen wurde, weil die Besitzer essen waren, das Kunststück fertig gebracht, die Zentralverriegelung zu betätigen. Das wäre an und für sich nicht schlimm gewesen, doch der Autoschlüssel befand sich im Wagen.
Gar nicht lustig finden Benjamin Köhn, Michel Patzer und die anderen Kollegen, dass sie bei Einsätzen auf der Autobahn oftmals keine Rettungsgasse vorfinden. "Nicht nur Rettungsfahrzeuge und die Polizei müssen da durch. Wenn wir nicht die Autos, die in einen Unfall verwickelt sind, von der Unfallstelle abholen, geht es eben nicht weiter und der Stau wird immer größer", meint Benjamin Köhn.