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Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Fußgänger haben den Vorrang

28.07.2010, 18:12

WEISSENFELS/ZEITZ/MZ. - Wer hat im Kreisverkehr denn nun Vorrang an einer Fußgängerfurt: Der Kraftfahrer oder der Fußgänger?

Sonderhoff: So wie es im Beitrag der MZ richtig stand, der Fußgänger. Im Paragrafen 1 der StVO heißt es, dass gegenseitige Rücksichtname zu üben ist. Da der Fußgänger der schwächste Verkehrsteilnehmer ist, muss der Kraftfahrer an einer Fußgängerfurt anhalten. Zumal der Absatz 2 besagt, das kein anderer geschädigt werden darf. Paragraf 25 legt zugleich die Sorgfaltspflicht des Fußgängers fest.

Damerau: Es besteht eine gewisse Unsicherheit bei allen Verkehrsteilnehmern. Die kommt daher, dass die StVO nicht alles hundertprozentig regelt. Da ist einiges schwammig formuliert. So wird dort nicht eindeutig von einer Fußgängerfurt gesprochen. Bei der Ausfahrt ist es zwingend notwendig, dass der Kraftfahrer halten muss, wenn ein Passant die Fußgängerfurt überqueren will. Bei der Einfahrt hingegen sagt die StVO nichts Konkretes aus. Meiner Meinung nach muss der Kraftfahrer dort nicht zwingend anhalten. Ich empfehle meinen Fahrschülern aber, Rücksicht zu nehmen.

Sonderhoff: Die aktuelle Rechtsprechung geht ganz klar davon aus, dass dem Fußgänger das Vorrecht an der Fußgängerfurt eingeräumt wird. Und das bezieht sich auf die Ein- und auf die Ausfahrt.

Und warum steht das nicht so klar in der StVO?

Damerau: Der Fahrlehrerverband fordert das seit Jahren. Es wäre gut, wenn sich hier was tut. Das mit Paragraph 1 zu regeln, ist gut und schön, reicht aber nicht. Es muss erst was passieren, dann wird man munter. Siehe Duisburg. Aber muss es soweit kommen?

Warum kommt es zu den vielen Unfällen im Kreisverkehr?

Damerau: Es wird zu schnell gefahren. Das ist ein generelles Problem. Hinzu kommt, dass der Kraftfahrer vor dem Kreisverkehr nach links schaut, ob er freie Fahrt hat. Ist das der Fall, wollen viele zügig im Verkehrsfluss mitschwimmen. Der Fußgänger ist in dem Moment aber völlig außen vor.

Sonderhoff: Der Fußgänger wird im Kopf des Kraftfahrers einfach ausgeblendet. Das betrifft vor allem Einheimische, Fremde fahren meistens vorsichtiger.

Blinken ist für viele ein Problem, warum?

Sonderhoff: Wenn ein Fahrer zu schnell einfährt, ist es für den nachfolgenden Fahrer oft schwer, zu sehen, ob überhaupt geblinkt worden ist und wo die Fahrt hingehen soll. Er weiß dann nicht, was der Vordermann vorhat.

Damerau: Fahre ich hingegen langsam, wissen alle, was ich vorhabe. Deshalb sollte keiner rasen, aber auch nicht trödeln.

Wie sollten sich Fußgänger, insbesondere Kinder, an der Fußgängerfurt verhalten?

Damerau: Gerade für Kinder ist es schwierig. Sie müssen lernen, das Vorrecht nicht zu erzwingen.

Sonderhoff: Rollt der Kraftfahrer an die Fußgängerfurt heran und es ist kein Passant in der Nähe, braucht er dort nicht anzuhalten. Halten sich Kinder oder Erwachsene dort auf und wollen die Furt queren, müssen Fahrzeuge vor der weißen Linie stoppen.

Und wie verhalten sich diejenigen im Kreisverkehr, die gerade die Fahrprüfung ablegen?

Sonderhoff: Sie müssen einfach wissen, dass an einer Fußgängerfurt Personen den Vorrang haben. Fahren die Prüflinge langsam heran und geben dem Prüfer damit zu verstehen, dass sie wissen, wer hier vorfahrtsberechtigt ist, dann ist das doch in Ordnung. Ein Problem bekommen die Prüflinge, wenn sie an der Fußgängerfurt überhaupt nicht Bescheid wissen. Vielleicht will in dem Moment ein Fußgänger die Furt queren und der Prüfling behindert ihn sogar noch. Er würde zwar nicht durch die Prüfung fallen, müsste aber zehn Euro Verwarngeld zahlen.

Damerau: Wichtig ist doch am Ende, dass niemand auf sein Recht pocht. Wir kommen immer wieder auf die gegenseitige Rücksichtnahme zurück. Nehmen wir mal den krassesten Fall an, ein Kind wird an einer Fußgängerfurt von einem Auto angefahren. Ich kann mit zehn Anwälten vor Gericht erscheinen und mich auf die StVO berufen. Ich behaupte, der betreffende Autofahrer hätte ganz schlechte Karten.

Und wie ist es mit den Radfahrern?

Damerau: Grundsätzlich ist es an allen Kreisverkehren ratsam, vom Rad abzusteigen und es über die Fußgängerfurt zu schieben.

Muss Otto Normalverbraucher sich besser über die StVO informieren?

Damerau: Er hat kaum eine Chance, alle Änderungen zu verfolgen. So gab es 2009 den Paragraph 9 a, der sich mit dem Kreisverkehr befasste. Diesen Paragraphen gibt es in diesem Jahr schon nicht mehr. Diese Veränderungen sind für Außenstehende kaum nachzuvollziehen.