Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Drei Generationen im Fahrzeugbau
BOTHFELD/MZ. - Der erste Meisterbrief ist ausgestellt auf Wolfgang Kergers Vater Alfred und stammt aus dem Jahr 1953. Fünf Jahre zuvor hatte Alfred Kerger das Unternehmen Metall- und Fahrzeugbau Alfred Kerger in Bothfeld - heute zu Röcken gehörend - gegründet. Da die Handwerkskammer sich erst kurze Zeit später entsprechend der neu entstandenen Bezirke umstrukturierte, wurde sein Zertifikat noch von der Kammer Sachsen-Anhalt ausgestellt.
Sein Meisterbrief bildet die Basis für die Firma, die mit der Zeit gegangen ist und sie gleichzeitig spiegelte: Alfred Kerger war gelernter Schmied, beschlug in den ersten Jahren vor der Werkstatt noch Pferde. Bis heute stehen der Schmiedeofen samt Esse und Fettkohle, diverse schwarze Zangen und einige Hufeisen im kleinsten der drei Werkstatträume. Aber der Begründer der Fahrzeugbau-Dynastie ging mit der Zeit: Seit den 1960er Jahren baute die Firma Fahrgestelle für Straßenbahnen, später kamen Deutrans-Anhänger hinzu.
1972 stand der Familienbetrieb vor der Wahl zum Volkseigenen Betrieb zu werden oder unabhängig weiterzuarbeiten. "Damals sind wir unabhängig geblieben", sagt der heutige Chef Wolfgang Kerger. Das Unternehmen bekamen Aufträge von vielen Firmen - von Kraftfahrzeugbetrieben über die Milchwerke, bis hin zum Weißenfelser Schlachthof und zur Brauerei.
1986 übernahm Wolfgang Kerger das Geschäft von Vater Alfred, da hatte seine Meisterurkunde schon eine Weile neben der des Vaters gehangen - Bezirk Halle neben Sachsen-Anhalt. Die Firma betrieb Wolfgang Kerger aber im Sinne des Vaters unabhängig weiter, was 17 Jahre später ein Vorteil wurde: "Wir waren nicht spezialisiert, dadurch hatten wir bei der Umstellung nach der Wende kaum Probleme", sagt Wolfgang Kergers Frau Uta, die als Betriebsassistentin für die Buchhaltung zuständig ist. Ihr Mann bestätigt: "Wir wussten, wie Marktwirtschaft funktioniert, das war für uns nichts Neues."
Was sich jedoch änderte, waren die Besitzverhältnisse. Nach der Wende bot der Kölner Eigentümer ihnen das Gelände zum Kauf an und Kergers griffen zu. Mehr noch: Sie erweiterten das Areal, bauten 1998 eine große Werkhalle an. In der Halle wie im Freien stehen Brummis und Container - die Aufdrucke gehören zu Firmen der Region: Frischli, Jomo-Citti, Leisslinger steht auf den Lkw-Seiten.
Als Landrat Harri Reiche (parteilos) das Unternehmen jetzt besuchte, merkte er schmunzelnd an: "Die ganze Lebensmittelindustrie steht hier." Er wollte sich mit dem Besuch mehrerer Firmen einen Einblick in mittelständische Firmen verschaffen, zu denen der Fahrzeugbau Kerger mit seinen 16 Mitarbeitern zählt.
Wolfgang Kerger und sein Sohn Ralph berichteten dabei auch, wie schwierig es geworden ist, Azubis für die Werkstatt zu finden. Für die Ausbildung zum Metallbauer für Nutzfahrzeuge müssten die Noten stimmen, doch gingen die besten Schüler vor allem in die Industrie, erklärte Ralph Kerger. Glücklicherweise und "nach langer Suche" hätten sie nun einen Azubi gefunden. Der beginnt im August und wird die schulische Ausbildung in Sachsen absolvieren - denn nur dort wird diese Spezialisierung angeboten. Auch Ralph Kerger hat in Sachsen gelernt, sogar seinen Meister gemacht - auf seinem Meisterbrief steht als Ausstellungsort Leipzig. Eingerahmt hängt das Zertifikat neben denen von Vater und Großvater. Auch praktisch folgt der 31-Jährige den Spuren seiner Ahnen: Seit elf Jahren arbeitet er mit - und geplant ist jetzt schon, dass er eines Tages das Geschäft übernehmen soll.