Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Bunte Schlange gegen Rechte
HOHENMÖLSEN/MZ. - Als er sich gefasst hat, verweist er auf die Heiligen Stephan und Mauritius: "Sie sind für ihren Glauben gestorben." Und er fügt an, dass heute in Deutschland niemand mehr für seine Überzeugung sterben müsse.
Ungezählte Luftballons sind am Morgen nach den offiziellen Reden zum Aktionstag gegen den NPD-Parteitag in den Himmel gestiegen. Danach knüpfen die Menschen aus langen Stoffstreifen ein buntes Band der Toleranz. Im orangenen T-Shirt ist die Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Unstruttal, Jana Grandi, dabei. Sie verweist auf Battke, der in Laucha als Rechtsradikaler die Fußball-Jugend trainiert. Da hätten bei einer Demo in der Kleinstadt viele Auswärtige teilgenommen. "Klar, dass ich nun in Hohenmölsen Flagge zeige."
Roland Gall vom Chemie-Leipzig Fanclub spricht von einer wichtigen Sache und muss beim Anknüpfen seines Bandes auch an seinen Vater denken. Der musste mit
18 Jahren für Nazi-Deutschland in den Krieg. "Er wurde verwundet und hat in der Gefangenschaft seine besten Jahre geopfert." So etwas dürfe nie wieder passieren, gelte es, alles gegen braunes Gedankengut zu tun, äußert der 60-Jährige.
Derweil binden Frauen weitere Bänder aneinander. Annett Großmannn verkauft am Stand des SV Großgrimma außerdem Kinderpunsch und Kuchen und sagt: "Obwohl ich politisch eher neutral bin, muss man gegen braune Politik etwas tun." Die Erzieherinnen Annett Meye, Angela Lorenz und Mandy Mittelbach arbeiten ebenfalls an der Tuchschlange. Auch von den Kindern ihrer Tagesstätten sind die Bilder mit Sonne und Regenbogen, die im Saal im Rathaus während der Pressekonferenz für ein buntes Flair sorgen.
Während dieses Termins räumt Bürgermeister Hans Dieter von Fintel (CDU) ein, dass es in der Stadt durchaus Ängste gebe, mancher Gewerbetreibende sein Geschäft nicht geöffnet habe. An einem geht eine Passantin vorbei und schüttelt den Kopf, als sie liest, dass wegen Weiterbildung geschlossen sei. Doch die Fleischerei am Markt hat geöffnet. "Soll ich mich vielleicht hinter der Gardine verstecken", fragt Gerhard Haugk. Der Feuerwehr, deren Mitglied er sei, habe er zudem Würstchen zur Verfügung gestellt, die vis-á-vis auf dem Markt brutzeln. Silke Körsten vom Geschäft Foto-Optik-Uhren betont, dass sie sich nicht verkriechen werde. Man müsse sich zeigen und etwas tun und schließlich laufe doch alles friedlich ab.
Tobias Daniel tritt mit der Band Minority (Randgruppe) auf einer der Bühnen auf. "Für die Heimatstadt und gleichzeitig etwas gegen Rechtsextremismus zu tun, ist für uns ein doppelter Grund, um mitzuwirken." Angesichts der Tatsache, dass die NPD im Bürgerhaus tagen dürfe, sei es eine gute Sache, hier dabei zu sein. Claudia Greifenhahn ist mit ihren Kindern Leila (16) und Constantin (19) aus Dresden gekommen. In Hohenmölsen habe ihr Großvater mal ein Geschäft und sie selbst einen Eine-Welt-Laden betrieben, sagt die Mutter. Sie kämpfe oft gegen Nazi-Aktivitäten, habe auch ihre Kinder so erzogen, sage ihnen die Wahrheit über das, was hinter rechten Phrasen stecke.
Das Abschlusskonzert für Orgel und Saxophon am Abend gestaltet Bertram Adler mit. Das ist lange geplant gewesen und der 42-Jährige sagt: "Wir haben entschieden, gerade wegen des NPD-Parteitages aufzutreten." Am Ende überwiegt der Stolz, mit dabei gewesen zu sein.