Blindengeld Blindengeld: Das Extra macht Leben teuer

WEISSENFELS/NAUMBURG/MZ - Corinna und Uwe Blum führen ein ganz normales Leben. Mit einer Einschränkung: Beide sind blind. Um diesen Nachteil im privaten Bereich ausgleichen zu können, gewährt ihnen das Land Sachsen-Anhalt Blindengeld. Das soll nun aber gekürzt werden von monatlich 350 Euro auf 266 Euro. Warum? Das fragen sich nicht nur Blums. Ist das Leben doch nicht billiger geworden, sind die Mehraufwendungen, die Blinde haben, auch nicht geringer.
Mehrkosten in vielen Lebenslagen
„Ja, wer nicht sieht, kann nicht einmal im Handel auf Schnäppchenjagd gehen“, sagt Dagmar Busch, die Vorsitzende der Weißenfelser Gruppe des Blinden- und Sehschwachenverbandes, und öffnet damit den Blick für die besondere Situation von Blinden. Die Miete ist in der Regel etwas höher, weil mehr Platz gebraucht wird, um Ordnung halten zu können und sich nicht ständig an einem Hindernis zu stoßen. Wo andere das Auto nehmen, brauchen Blinde meist ein Taxi.
Der Blinde muss bei vielen Dingen noch etwas drauflegen, um die Dinge so zu erhalten, wie er sie nutzen kann. Er braucht beim Einkaufen Hilfe und die findet er nicht im erforderlichen Umfang beim Discounter, sondern eher beim Markenanbieter. Und mancher kauft auch nur mit einer Begleitperson ein, die oftmals bezahlt werden muss. Und vieles, was Blums zum Beispiel kaufen, nützt ihnen nur etwas, wenn es das gewisse Extra hat: Die Zeiger der Armbanduhr müssen zu ertasten sein oder die Uhr muss sprechen können, damit sie etwas nützt.
Die Küchenwaage, das Fieberthermometer, das Blutzuckermessgerät, die Personenwaage - alles wird in sprechenden Ausführungen gebraucht. Ein Maßband wiederum ist nutzlos, hat es nicht die ertastbaren Punkte. Die dicken Zeitschriften und Bücher auf Punktschriftpapier kosten teilweise das 10- bis 20-fache der normal gedruckten Ausgaben. Auch Spiele gibt es in Extra-Editionen für Blinde.
Uwe Blum (47) hat ein Faible für die moderne Informations- und Kommunikationstechnik. Bevor er mit 21 Jahren in Folge von Diabetes erblindete, lag da auch sein Berufswunsch. Kein Wunder, dass er die technischen Möglichkeiten ausreizt, ihm und seiner Frau das Leben zu erleichtern. Doch braucht er für alles eine Software mit Sprachführung. Touchscreen, das geht kaum. Jedes Extra ist aber teuer und die Hersteller denken bei ihren Weiterentwicklungen nicht daran, sich gleich mit auf Blinde einzustellen. Andere Blinde nehmen gegen Bezahlung Vorlesedienste für die Tageszeitung in Anspruch. Uwe Blum begnügt sich bei der Tageszeitung mit den Sprachangeboten im Internet. Dagegen lässt er sich extra über einen speziellen Vorlesedienst die Zeitschrift Geo auf eine DVD aufsprechen. Über das spezielle Daisy-System sind Hörzeitschriften über einen MP-3-Player zu „durchblättern“ und zu hören.
Die Reihe lässt sich lang fortsetzen, die Blums Alltagsleben normal, aber auch teuer machen. Müssen sie sich aus finanziellen Gründen einschränken, geht ihnen ein Stück Teilhabe am Leben verloren.
Blums stehen mitten im Leben
Dabei ist es Blums gelungen, sich jung schon auf die Blindheit einzustellen, Berufe zu erlernen, eine Familie zu gründen. Ihre Kinder Christian und Julia sind heute 13 und 17 Jahre alt. Der Blindenführhund Daisy ist vor drei Jahren als neues Familienmitglied dazugekommen. Er bringt Corinna Blum (48) zum Arbeitsplatz ins Landratsamt und wieder nach Hause. Uwe Blum tastet sich geübt mit dem langen Blindenstock von zu Hause ins Naumburger Zentrum, wo er als Masseur tätig ist.
Blums stehen mitten im Leben. „Warum will die Landesregierung hier jetzt die Schere ansetzen?“ fragt sich Uwe Blum. Er erinnert sich noch, dass Jens Bullerjahn (SPD) bei der Kürzung des Blindengeldes 2002 den Bestand des Nachteilsausgleiches zugesagt hatte.