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Betrüger entgeht nur knapp dem Gefängnisaufenthalt

Von HEIKE RIEDEL 30.09.2009, 18:04

WEISSENFELS/MZ. - Denn Martin J. gilt als nicht vorbestraft. Er soll die ihm vom Gesetzgeber eingeräumte Chance erhalten, sich angesichts des ihm nun erstmalig drohenden Gefängnisaufenthaltes rechtskonform zu verhalten, begründete der Richter. Er folgte damit nicht der harten Linie von Staatsanwalt Gerhard Wetzel, für den Martin S. ein notorischer Betrüger ist, der gleich für ein Jahr in den Strafvollzug sollte.

Im August dieses Jahres wurde erstmals in einer Strafsache gegen Martin J. im Amtsgericht Weißenfels verhandelt. Gegen das damals mit einer Geldstrafe verbundene Urteil wegen Missbrauchs der Berufsbezeichnung Rechtsanwalt und des Doktortitels haben Staatsanwaltschaft und Angeklagter Berufung eingelegt. Gerichtserfahrung hat J. nach den Aussagen von Zeugen schon einige, vor allem zivilrechtliche. Auf diesem Weg hat auch das Autohaus, das er 2005 betrogen und um mehr als 11 000 Euro gebracht hat, erfolgreich gegen ihn geklagt. Doch Geld sah es deswegen noch lange nicht.

Dem Gerichtsvollzieher gegenüber stellte sich J. ärmer dar, als er ist, indem er 500 Euro angab, die er als regelmäßige Unterhaltsleistung für ein Kind zahle. Seine Grundstücke in Uichteritz und Oranienbaum hatte er ganz und gar "vergessen".

Richter und Staatsanwalt wurde schnell klar, was für einen Menschen sie da vor sich hatten, als sie herausfinden wollten, wie es zu der Reparatur eines Audi A 8 des Angeklagten im Autohaus gekommen war, für den nie eine Rechnung beglichen wurde. J., der bereits als unsicherer Kunde galt und laut dem als Zeugen geladenen Geschäftsführer nur noch auf Vorkasse Leistungen erhalten sollte, hatte sich eines Tricks bedient. Er erfand einen Unfall nebst Unfallgegner und dessen zahlender Haftpflichtversicherung. Der Angeklagte, der sich selbst verteidigte, musste wiederholt ermahnt werden, klare Fragen zu stellen und nicht mit weitschweifigen Erklärungen Zeugen auf eine Antwort zu lenken.

Noch interessantere Einblicke eröffnete die Zeugenbefragung jener Frau, die Mutter eines der beiden Kinder von J. ist. Für seinen heute 17-jährigen Sohn habe er nur ein Jahr Unterhalt gezahlt, ansonsten höchstens Taschengeld. Dafür wollte er die Bereitstellung eines Autos für die Mutter, um den Jungen zur Schule fahren zu können, gegengerechnet haben. Eigentlich sei die Pro-forma-Anstellung der Frau in einer seiner Firmen für 401 Euro als sein Unterhaltsbeitrag vereinbart worden. Doch Geld habe sie unregelmäßig erhalten, sich immer wieder arbeitslos melden müssen. Die Berliner Firma und eine in Merseburg habe sie selbst nur als Briefkastenfirmen kennengelernt, sagte die Zeugin, nur die Weißenfelser existierte.

Nach MZ-Recherchen tauchen in Zerbst der Name der Berliner Firma und der des Angeklagten ebenfalls auf. Inzwischen lockt das "Dr." Martin J. zwar nicht mehr auf dem Firmenschild Kunden an, aber noch im Telefonbuch. Am Mittwoch gab J. nach der Verhandlung eine neue eidesstattliche Erklärung zum Vermögen ab. Allerdings mit zwei Polizeibeamten im Rücken, die ihn ansonsten verhaftet hätten.