Auf Spurensuche mit Metalldetektor
LÜTZEN/MZ. - Der Schwede und der Engländer zählen zu einem internationalen Archäologenteam, das unter Leitung von André Schürger das Lützener Schlachtfeld von 1632 aus dem Dreißigjährigen Krieg untersucht. "Die Teilnehmer sind die wichtigsten Schlachtfeldarchäologen Europas und haben langjährige Erfahrungen", sagt Schürger.
Ausgangspunkt des Treffens war der Mitteldeutsche Archäologentag des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, der sich im vergangenen Jahr zum ersten Mal der Schlachtfeldarchäologie gewidmet hatte. "Sie ist eine junge Disziplin. Hier in Lützen wollen wir die Methodik verbessern", erklärt der Ausgrabungsleiter weiter. Dabei werden verschiedene Metalldetektoren ausprobiert, Möglichkeiten gesucht, die Fläche vollständig zu studieren. Und die Ergebnisse können sich sehen lassen. "Innerhalb von sieben Wochen sind 700 Kugeln gefunden worden", so Schürger. Die hohe Anzahl der Munitionsfunde hat noch eine andere Ursache. Die Wissenschaftler stehen auf jenem Boden, auf dem sich das Zentrum von Wallensteins Infanterie befunden haben soll. "Hier gab es mehr Feuerkraft als Nahkämpfe", sagt der 42-Jährige.
Während sich das Team auf dem Acker Gedanken über den näheren Schlachtablauf macht, über den Gebrauch der Waffen, die Ausdehnung des Kampfgebietes und die Linienführung, interessiert sich Glenn Foard vor allem für eine Frage. Der 56-Jährige gehört zu den Waffen- und Munitionsexperten für die Zeit des 15. bis 17. Jahrhunderts. "Ich frage mich, ob diese Kugel einfach zu Boden gefallen ist oder auch abgefeuert wurde", sagt der Wissenschaftler der Universität Leeds. Mit einem Mikroskop und einer Waage untersucht er die Fundstücke, die in kleinen Plastikbeuteln stecken, auf Kalibergröße und Gewicht. Für ihn ist die Arbeit in Lützen vor allem aus einem Grund interessant: "Ich versuche, Vergleiche zwischen Lützen und Edgehill zu ziehen", erklärt der Engländer. In Edgehill fand 1642 die erste Schlacht im englischen Bürgerkrieg statt. Und obwohl
Foard in diesen Tagen Munition mit einem Alter von mehr als 370 Jahren in den Händen hält, ist seine Aufregung verschwunden. "The excitement is gone", wie er betont: "Der wissenschaftliche Blick herrscht. Aufgeregt ist man nur, wenn es etwas Besonderes gibt."
Für Lützen könnte allerdings die historische Stätte vor der eigenen "Haustür" zu einer Attraktion werden. Denn Landesarchäologe Harald Meller hegt Pläne. "Eines der bedeutendsten europäischen Schlachtfelder ist ein Alleinstellungsmerkmal und Glücksfall", sagt der Direktor des Landesmuseums. Wenn die wissenschaftlichen Ergebnisse positiv seien, könnte in gut zehn Jahren ein Erlebniszentrum entstehen, schaut der Landesarchäologe langfristig voraus. Vorbild ist dabei das schottische Culloden. Dort wurde im April 2008 ein Besucherzentrum errichtet, das an den Kampf der englischen Armee gegen die Jakobiten im Jahr 1746 erinnert. Mehr als 300 000 Gäste strömten in einem Jahr in das neue Zentrum, darunter Königin Elisabeth II..
Doch bevor die Zukunftsmusik Wirklichkeit wird, ist Lützen Anfang November Gastgeber eines Kongresses zum Thema "Leben und Sterben auf dem Schlachtfeld", wie Bürgermeister Maik Reichel (SPD) betont. Ein anderer Ort im Burgenlandkreis wird die Archäologen indes im kommenden Jahr beschäftigen. Mit dem Bau der Ortsumfahrung Bad Kösen soll das Kampffeld von Hassenhausen, einem Hauptort der napoleonischen Schlacht bei Jena und Auerstedt im Jahr 1806, erforscht werden.