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Aiko Wulff verlässt Weißenfelser Museum Aiko Wulff verlässt Weißenfelser Museum: Welche Spuren er als Leiter hinterlassen hat

Von Andreas Richter 20.08.2020, 10:58
Aiko Wulff zeigt auf jene Räume im Südwestflügel von Neu-Augustusburg, in denen die neue Schuhausstellung ihren Platz finden soll.
Aiko Wulff zeigt auf jene Räume im Südwestflügel von Neu-Augustusburg, in denen die neue Schuhausstellung ihren Platz finden soll. Andreas Richter

Weissenfels - Manchmal hat Aiko Wulff das Gefühl, noch immer an der Startlinie zu stehen. Nach dreieinhalb Jahren als Leiter des Weißenfelser Museums. Und nun wartet schon eine neue Herausforderung auf den 43-Jährigen: Ab 1. September ist er Leiter des Sportmuseums in Leipzig. „Es ist eine wohl einmalige Chance“, sagt Wulff. Immerhin besitzt das Museum eine der größten sporthistorischen Sammlungen in Deutschland.

Standort des Weißenfelser Museum im Schloss eine Herausforderung

Bleibt Weißenfels also eher eine Randnotiz im Berufsleben des Historikers Aiko Wulff? Wohl kaum. Ein schwieriges Pflaster ist die Stadt mit ihrem Museum auf Schloss Neu-Augustusburg jedoch allemal. Allein wegen des Barockbaus und seiner baulichen Probleme. Die bekommt Wulff, bis dahin Geschäftsführer der Leipziger Ausstellungsagentur „Zeitläufer“, im Februar 2017 schon nach einer Woche in Weißenfels zu spüren: Räume, die bis dahin für museumspädagogische Angebote genutzt wurden, werden aus Brandschutz-Gründen gesperrt.

Bis heute hat das Museum keinen Veranstaltungsraum. Doch das ist längst nicht alles. Im Herbst 2017 muss die Stadt den Nordwestflügel des Schlosses wegen statischer Probleme sperren. Bis heute kann nur noch ein kleiner Teil der Dauerausstellung zur barocken Fürstenresidenz gezeigt werden. „Als ich anfing, war mir das ganze Ausmaß der baulichen Probleme auf dem Schloss nicht bewusst“, bekennt der scheidende Chef.

Wertvolle Kontakte zu den Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden knüpfen

Dabei startet der ehemalige „Zeitläufer“ mit großen Zielen. Seine Vision: Ein modernes, zukunftsfähiges Stadtmuseum für Weißenfels. Wulff knüpft Kontakte, baut ein Netzwerk auf. Trotz aller Widrigkeiten gelingt es ihm und seinen Mitarbeitern, das Museum mit bemerkenswerten Ausstellungen in den Fokus zu rücken.

So im Herbst 2017 mit der Sonderschau „Dynastiegewitter“ zum 500. Reformationsjubiläum - kurz vor deren Eröffnung wird die Sperrung des Westflügels bekannt. Bei der Vorbereitung der Ausstellung kann Wulff wertvolle Kontakte zu den Staatlichen Kunstsammlungen in Dresden knüpfen, die bis heute Bestand haben. Einzigartige Leihgaben, wie etwa eine Wildbretwaage des Weißenfelser Herzogs Christian, sind im Museum zu sehen.

„Wir wollen weg vom alten Typ Museum, rein in die Stadtgesellschaft“

Wulff hinterlässt Spuren in der Weißenfelser Kulturlandschaft. Da ist die Ausstellung „Demolirt“ über Untergang und Wiederentdeckung der Burg Weißenfels, weniger publikumswirksam und dennoch bemerkenswert. Mitunter muss er auch Kritik einstecken. Etwa für die Fotoausstellung zum Wende-Herbst vor 30 Jahren, die Kritikern zu wenig lokales Bildmaterial bietet.

Ein Schwergewicht ist das Projekt „Sportsfreunde“ zu Geschichte und Gegenwart des Sports in der Saalestadt. Damit kann Wulff einen Ansatz verfolgen, der ihm besonders am Herzen liegt. „Wir wollen weg vom alten Typ Museum, rein in die Stadtgesellschaft“, so sein Anspruch. Und so ist der Weg das Ziel. Suchen die Organisatoren bei der langen Vorbereitung der Ausstellung „draußen“ das Gespräch, sogar mit einem alten DDR-Fahrrad.

Neukonzeption der Schuhausstellung ein zähes Projekt

Sie stoßen auf Exponate und hören vor allem Geschichten, die die reiche Sporthistorie der Stadt lebendig werden lassen. Erstmals gelingt es, für das Ausstellungsprojekt 150.000 Euro Fördergeld der Kulturstiftung des Bundes zu erhalten. Der Auftakt mit einem umfangreichen Rahmenprogramm ist vielversprechend. Doch dann schlägt auch hier Corona zu.

Bleibt die Neukonzeption der Schuhausstellung - immerhin das Alleinstellungsmerkmal des Weißenfelser Museums. Ein zähes Projekt, das mitunter das Gefühl vermittelt nicht von der Stelle zu kommen. Immerhin arbeitet die Stadt seit 2012 daran. „Wir haben viel Hintergrundarbeit geleistet und sind ein Stück vorangekommen“, kann Wulff über seine Zeit der langen Wegstrecke sagen.

Weichen für die digitale Langzeitarchivierung im Museum stellen

9.000 von insgesamt rund 60.000 Objekten der Sammlung sind bislang inventarisiert. Neue Stücke, wie etwa Designerschuhe, wurden angekauft, um Lücken zu schließen. Es gibt ein Drehbuch für die neue Ausstellung, die im südlichen Westflügel ihren Platz finden soll. Ob dies wie bislang angekündigt bis Herbst 2023 der Fall sein wird, steht freilich in den Sternen.

In den letzten Wochen seiner Weißenfelser Tage will Wulff noch Weichen für die digitale Langzeitarchivierung im Museum stellen. Dann aber läuft seine Zeit hier ab. Das tägliche Pendeln war nicht immer gut für den Job, denkt er. Nun geht der Leipziger zurück nach Leipzig - ohne Weißenfels zu vergessen. Geht an den Start für eine neue Laufstrecke. (mz)