Verständnis für verlängerten Lockdown Verständnis für verlängerten Lockdown: Doch Hallenser kritisieren vereinzelte Regeln

Halle (Saale) - Der Dienstag nach der jüngsten Zusammenkunft der Kanzlerin mit den Länderchefs ist ein trüber Tag in Halle. Der Himmel ist grau, es nieselt. Die Wetterlage deckt sich mit der allgemeinen Stimmungslage vieler Bürger. Der Lockdown wird nun bis Mitte April verlängert und soll mit weiteren Einschränkungen einhergehen, darauf haben sich Kanzlerin und Länderchefs geeinigt. Und egal wen man an diesem Dienstagvormittag in Halles Innenstadt darauf anspricht, niemand ist überrascht von dieser Entscheidung.
Bürger sehen Lockdown angesichts steigender Infektionszahlen als notwendiges Übel an
„Ich glaube, dass das sinnvoll ist“, sagt Niklas Maystrak. Der 25-Jährige ärgert sich, dass es vor einigen Monaten, als die Inzidenz bereits wieder gestiegen war, überhaupt Lockerungen gab. Auch Waltraud Weiß begrüßt die Lockdown-Verlängerung. Die 80-Jährige bezeichnet Corona als „die Pest des 21. Jahrhunderts“ und hält radikale Einschnitte für notwendig, damit sie dann ab Sommer mit ihrem Mann in den Urlaub fahren kann.
Immer im Juni sind die Eheleute an der Ostsee und im September im Kleinwalsertal. „Dass das dieses Jahr klappt, hoffen wir sehr.“ Die Umfrage in der Innenstadt zeigt: Die Bürger sehen den Lockdown angesichts steigender Infektionszahlen als notwendiges Übel an. Niemand möchte einen Gesundheitsnotstand. Doch es wird sehr genau beobachtet und hinterfragt, wie sinnvoll einzelne Maßnahmen sind?
Hallenser finden Einkauf per Terminvergabe gut
Die Maskenpflicht im Freien findet eine Frau sinnlos. Ein Mann spricht sich für Freisitze vor Gaststätten und Theaterbesuche mit ausreichend Freiplätzen aus. Vom Einkaufen mit vorheriger Anmeldung ist derweil Manuela Harnisch überzeugt. Die 41-jährige Hallenserin probierte an diesem Dienstag zum ersten Mal das sogenannte Click and Meet aus.
Sie hofft, dass dies auch weiterhin möglich ist. „Man ist fast allein im Geschäft, und man kann den Einzelhandel unterstützen.“ Mit dem stark eingeschränkten Osterbesuch, der von Kanzlerin und den Länderchefs ebenfalls beschlossen wurde, kann sie leben. So haben viele der Befragten die Osterbesuche ohnehin schon abgeschrieben oder wollen sie klein halten.
Verständnis für Corona-Maßnahmen - jedoch Kritik am Verhältnis der Regeln
Angelika Jeffwein möchte ihren Sohn in Hamburg über die Feiertage besuchen. „Ich bin die eine Person, die sie empfangen können“, sagt die 66-Jährige und erklärt, sie würde sonst allein dasitzen. Sie erzählt, dass ihr durch Corona der Sport, das Schwimmen, die Besuche bei Freunden fehlen. Letztes Jahr sei dann auch ihre Mutter gestorben, die sie in ihren letzten Wochen nicht im Altersheim besuchen durfte. Zum Lockdown sagt Angelika Jeffwein: „Ich denke, die tun alle ihr Bestes. Die Maßnahmen sind zum Schutz der Menschen.“
Meike Nussbaumer hat weder eine große Osterfeier noch eine Familienzusammenkunft und auch keine Fernreise über die Osterfeiertage geplant. Die nun beschlossenen Maßnahmen „sind sicher notwendig“, sagt die 55-Jährige. Doch sie hält sie für unverhältnismäßig. Besonders stören sie die Reisen nach Mallorca, die möglich sind, im Gegensatz zum Besuch einer Ferienwohnung in Sachsen-Anhalt. Sie sagt: „Jedes Kino kann mehr Platz bieten als ein Ferienflieger.“
„Die Stimmung ist dahin, wenn man immer nur daheim sein muss"
Überhaupt wird viel verglichen bei Gesprächen über Einschränkungen und Lockdown. Und manchmal fehlen auch die Worte. Auf die erneute Ladenschließung zu Ostern angesprochen, entgegnet der Geschäftsführer einer Boutique auf dem Boulevard nur: „Was soll ich dazu sagen?“
Entscheidender als die Frage, ob der aktuelle Lockdown richtig oder falsch ist, ist vielleicht die Frage, wie es den Menschen gerade geht?
Werner Rolle sagt: „Was nicht geht, das geht nicht. Ich habe 40 Jahre DDR überstanden, da überstehe ich die Pandemie auch noch.“ Während Axel Francke erklärt: „Die Stimmung ist dahin, wenn man immer nur daheim sein muss. Es ist nicht mehr schön, es macht depressiv. Irgendwann reicht es auch mal.“ (mz)