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Zweiter Kindergarten sorgt für Streit im Ort

Von Wolfram Bahn 11.04.2005, 16:17

Erdeborn/MZ. - Eine ganze Weile hat Gerhard Thielemann gehofft, dass die Sache mit dem Kindergarten "Pfiffikus" ein gutes Ende für die Gemeinde nehmen wird. Inzwischen wurde der CDU-Bürgermeister von Erdeborn eines anderen belehrt. Allerdings nicht ganz freiwillig. Erst nachdem das Verwaltungsgericht in Halle am 28. Februar die Gemeinde zur Zahlung verpflichtet hat, überwies die Gemeinde an den privat geführten Kindergarten eine Abschlagszahlung in Höhe von mehr als 22 000 Euro.

"Das macht unseren ganzen Haushalt kaputt", beklagt Thielemann, dessen Frau Leiterin des kommunalen Kindergartens ist. Für Jaqueline Ehrenberg war dieser Schritt dagegen längst überfällig. "Das Geld steht uns schließlich zu", sagt die Leiterin des "Pfiffikus". Denn die Gemeinde müsse sich an den Betriebskosten beteiligen, so die 32-jährige gelernte Erzieherin. Sie ist zum Ende 2003 aus dem kommunalen Kindergarten "Sonnenschein" entlassen worden, als Personal abgebaut wurde.

Im Sommer vorigen Jahres hatte sie daraufhin in einem alten Gehöft den "Pfiffikus" als gemeinnützige GmbH gegründet, den ersten Kindergarten dieser Art im Land. Ein Teil der Eltern und deren Kinder aus dem "Sonnenschein" ging mit. Mittlerweile betreuen beide Einrichtungen jeweils 30 Kinder. Seither geht aber auch ein tiefer Riss durch den 1 200-Seelen-Ort, der einst am Rande des Salzigen Sees lag. Manche Eltern grüßen sich nicht einmal mehr auf der Straße.

Ehrenberg wurmt aber noch etwas anderes: Seit der Gründung der Kindereinrichtung rennen die Betreiber dem Geld hinterher. Die zuständige Verwaltungsgemeinschaft in Röblingen hatte die Zuschüsse von Land und Kreis nicht weiter gereicht, weil bis heute trotz immer neuer Entwürfe kein Betreuungsvertrag zwischen der Gemeinde und dem privaten Kindergarten zustande kam.

Das Monate lange Tauziehen fand erst ein vorläufiges Ende, als die "Pfiffikus"-Betreiber, denen das Geld langsam ausging, Mitte Dezember vor Gericht zogen. Es ordnete die Zahlungen fürs erste Quartal 2005 an. Doch damit geben sich die "Pfiffikusse" nicht zufrieden. "Die Zuschüsse des letzten halben Jahres von 2004 stehen immer noch aus", sagte Elternsprecherin Sandra Seemann (32).

Rund 74 000 Euro sind im vorigen Jahr allein an staatlichen Pauschalen an die Gemeinde Erdeborn geflossen. Entsprechend der Kinderzahl müssen diese Gelder auf die beiden Kindereinrichtungen aufgeteilt werden. "Das schreibt das Gesetz so vor", bestätigte auch Wolfgang Haase, Leiter der Kommunalaufsicht des Landkreises Mansfelder Land, der von der Verwaltungsgemeinschaft eingeschaltet wurde, um die Wogen zu glätten. Haase hatte nach dem Gerichtsurteil der Gemeinde geraten, die ausgewiesene Rate unverzüglich zu zahlen.

In Erdeborn muss der "Pfiffikus" jedenfalls genauso viel Mittel erhalten wie der gemeindeeigene Kindergarten, sagt Haase. Das macht dem Bürgermeister zu schaffen, denn aus seiner Sicht reicht die Finanzkraft der Gemeinde nicht aus, um zwei Kindergärten zu unterstützen. "Dieses Gesetz ruiniert uns", so Thielemann.

Beim Landesjugendamt in Halle sieht man das anders. Das Kinderförderungsgesetz des Landes soll vielmehr den Wettbewerb unter den Kindertagesstätten befördern. Wenn ein privater Kindergarten von Eltern besser angenommen werde als der kommunale, müsste die Gemeinde dort eben Plätze abbauen, ihn an einen freien Träger übergeben oder ganz schließen, sagte die zuständige Referatsleiterin Gudrun-Carola von Hoven.

Das kommt für Bürgermeister Thielemann aber nicht in Frage, zumal der kommunale Kindergarten gerade erst mit Hilfe von Fördermitteln umfassend saniert wurde. Der Gemeinderat sieht das genauso. Er hat sich auf seiner letzten Sitzung dafür ausgesprochen, gegen den Gerichtsbeschluss nun Beschwerde einzulegen. Damit ist kein Ende im Gerangel um die Zukunft des "Pfiffikus" abzusehen.