1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Sangerhausen
  6. >
  7. Zu teuer: Zu teuer: CJD in Sangerhausen schafft nach 16 Jahren therapeutische Tierhaltung ab

Zu teuer Zu teuer: CJD in Sangerhausen schafft nach 16 Jahren therapeutische Tierhaltung ab

Von Beate Thomashausen 10.05.2018, 15:00
Ines Hommann ist für die therapeutische Tierhaltung verantwortlich. Viele verschiedene Tierarten werden dort gehalten.
Ines Hommann ist für die therapeutische Tierhaltung verantwortlich. Viele verschiedene Tierarten werden dort gehalten. Archiv/Schumann

Sangerhausen - Christel Kreikenbaums Stimme klingt ganz aufgelöst am Telefon. Mühsam nur unterdrückt sie die Tränen: „Die therapeutische Tierhaltung im CJD wird geschlossen.“ Diese Nachricht schockierte die Lengefelderin am Montag.

„Ich bin am Boden zerstört“, sagt die Frau, die eigentlich eine Kämpfernatur ist und sich seit Jahrzehnten für ihre Familie einsetzt. Durch einen Unfall ist ihr Ehemann gehandicapt und ihr Sohn braucht seit seiner Geburt die volle Aufmerksamkeit seiner Eltern.

Fördergruppe im Christlichen Jugenddorf und therapeutische Tierhaltung

Ihr mittlerweile 40 Jahre alter Sohn Guido wird im Christlichen Jugenddorf tagsüber betreut, besucht dort die Fördergruppe. Und in seiner Freizeit geht er gemeinsam mit seiner Betreuerin zur therapeutischen Tierhaltung. „In vier Jahren haben wir es geschafft, dass er sich an eins der Pferde dort so gewöhnt hat, dass er es zugelassen hat, dass er auf den Pferderücken gesetzt wird. Das Reiten wäre so gut gewesen für seinen Rücken.“

Christel Kreikenbaum will die Vorteile, die die kleine Tierhaltung auf dem Gelände des Christlichen Jugenddorfs allein schon für ihren Sohn hatte, in knappen Sätzen wiedergeben, bevor ihre Stimme am Telefon wieder bricht und sie weinen muss. „Ich lasse doch nichts mehr auf dem Rücken von meinen Männern austragen“, sagt sie.

Angehörige wollen therapeutische Tierhaltung im CJD erhalten

„Ich werde alles in Bewegung setzen, dass diese einzige Möglichkeit der Freizeitgestaltung für meinen Sohn erhalten bleibt“, gibt sie sich kämpferisch, denn in den vielen Jahrzehnten, die sie sich für ihre Liebsten engagiert, hat sie gelernt, nicht einfach klein beizugeben. „Das ist nicht das, was ich unter Inklusion verstehe.“

Dass die Nachricht so schnell die Runde machen würde, überraschte die Jugenddorfleitung ein wenig. Ja, das CJD Sangerhausen werde sich aus finanziellen Gründen, aber schweren Herzens von seiner Tierhaltung trennen müssen, war von Pressesprecherin Alisa Böttcher zu erfahren.

Noch kein Schließungstermin für therapeutische Tierhaltung

Von einem hohen fünfstelligen Betrag ist hier die Rede. Man sei gerade erst dabei, alle Partner zu informieren. Jedoch stehe noch gar kein Schließungstermin fest. „Bevor der Termin gesetzt wird, müssen erst alle Tiere gut untergebracht sein“, so Böttcher gegenüber der MZ. Zur Tierhaltung gehören Pferde, Esel, Schweine und zahlreiche Kleintiere. Für sie alle soll gesorgt werden, bevor sich die Türen endgültig schließen.

Im Jahr 2002 war der Minizoo der damaligen Nutzergemeinschaft beim Schülerfreizeitzentrum ins CJD gezogen. Der damalige Jugenddorfleiter Lothar Schwarz hatte damals die Idee, auf dem CJD-Gelände einen „Therapiezoo“ einzurichten. Seine Idee: Behinderte Menschen sollten so oft und so lange wie möglich in Kontakt mit Tieren sein können.

Das waren damals Pony Nicky, Esel Benji, Ziege Lucie, Minischwein Fanny, Frettchen, Kaninchen und Co, die ins CJD umzogen, weil sie damals nicht mehr im Schülerfreizeitzentrum bleiben konnten. Die Minizoo-Chefin und Veterinäringenieurin setzte sich damals noch einmal auf die Schulbank und erwarb einen Abschluss als Therapeutin. (mz)