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Gut 32 Prozentpunkte fehlen Warum gibt es in Obersdorf eine Lücke zwischen statistischer und tatsächlicher Wahlbeteiligung?

Von Grit Pommer 01.10.2021, 10:45
Symbolfoto - Wahl
Symbolfoto - Wahl (Foto: dpa)

Sangerhausen/MZ - Die offiziellen Angaben zur Wahlbeteiligung bei der Bundestagswahl haben in diesem Jahr stellenweise für Verwunderung gesorgt. Wiesen sie doch eine sehr geringe Quote aus. „Für uns in Obersdorf wird da eine Wahlbeteiligung von nur 41,61 genannt - das ist viel zu gering“, meldete sich jetzt Eberhard Nothmann zu Wort. Er war am Wahlsonntag stellvertretender Wahlleiter in dem Sangerhäuser Ortsteil.

Quote spiegelt nur Urnenwahl wider

Dort standen bei der Bundestagswahl 2021 insgesamt 411 Wahlberechtigte im Wählerverzeichnis. 132 waren als Briefwähler eingetragen, weil sie zuvor die Unterlagen abgefordert hatten. Von den 279 übrigen Berechtigten kamen am Sonntag 171 ins Lokal, um ihren Stimmzettel auszufüllen und in die Urne zu werfen.

Nach diesen Zahlen müssten in Obersdorf also 303 Wahlberechtigte mit abgestimmt haben. Macht eine Wahlbeteiligung von 73,72 Prozent. Die Daten, die der Landkreis Mansfeld-Südharz wie viele andere Kommunen im Bundesgebiet mit der Software „votemanager“ des Unternehmens vote iT erfassen und aufbereiten ließ, wiesen für den Wahlraum in Obersdorf aber nur eine Beteiligung von 41,61 Prozent aus.

Diese Quote spiegelt die Beteiligung an der reinen Urnenwahl wider. Die Briefwahlstimmen dagegen wurden im Briefwahllokal Sangerhausen gesammelt und dort am Wahlabend geöffnet und ausgezählt - zusammen mit den Wahlbriefen aus der Kernstadt und allen anderen Ortsteilen. Eine Zuordnung zu den einzelnen Stimmbezirken erfolgte da nicht mehr.

Keine genaue Angabe möglich

Zumindest die Anzahl der Briefwähler ist aber bekannt gewesen und müsste bei der Angabe der Wahlbeteiligung auch berücksichtigt werden, meint Nothmann. Denn wo sehr viele Bürger per Brief abstimmen - wie dieses Mal in Obersdorf - entstehe sonst ein völlig verfälschtes Bild der Wahlbeteiligung.

Ganz so einfach ist es aber nicht, wie Heiner Jostkleigrewe von der Firma vote iT auf Anfrage der Mitteldeutschen Zeitung erklärt. „In den Wählerlisten vor Ort ist lediglich eingetragen, wer die Briefwahlunterlagen beantragt und zugesendet bekommen hat“, sagt er. Diese Zahl stimme aber nicht unbedingt mit jener der tatsächlichen Briefwähler überein. Denn nicht jeder, der die Unterlagen bekommen hat, füllt sie am Ende auch aus und schickt sie an die Wahlbehörde zurück.

Es lässt sich also nicht für jeden einzelnen Stimmbezirk exakt sagen, wie viele Wahlberechtigte dort tatsächlich mitgewählt haben. Möglicherweise werde man die Bezeichnung „Wahlbeteiligung“ für die einzelnen Stimmbezirke künftig aber präziser mit dem Zusatz Urnenwahl ergänzen, räumt Jostkleigrewe ein. Das würde deutlich machen, dass diese Zahl nicht die Wahlbeteiligung insgesamt ausdrückt, sondern nur den Anteil jener, die direkt ins Wahllokal gegangen sind.

Wahlbeteiligung von 64,3 Prozent in Sangerhausen

Das Landesamt für Statistik weist übrigens sowohl die Wahlbeteiligung insgesamt als auch gesondert die Quote der reinen Urnenwahl direkt im Wahllokal aus. Dort sind die Daten allerdings nur bis zur Ebene der gesamten Gemeinde verfügbar und nicht aufgeschlüsselt nach den Wahllokalen in den einzelnen Ortsteilen und in den Stimmbezirken der Kernstadt.

Für die Stadt Sangerhausen inklusive aller Ortsteile weist das Landesamt für die Bundestagswahl 2021 eine Wahlbeteiligung von 64,3 Prozent aus. 41,5 Prozent der Berechtigten waren zur Urnenwahl in ihrem Wahllokal.