Kritik vom Steuerzahlerbund Warum der Bau einer neuen Straßenmeisterei in Berga ein Fall fürs Schwarzbuch ist
Der Bau einer neuen Straßenmeisterei Berga wird nach bisherigen Plänen über neun Millionen Euro kosten. Der Bund der Steuerzahler kritisiert das Vorhaben.

Oberröblingen/Berga/MZ - Volltreffer: Der geplante Neubau einer Straßenmeisterei in Berga hat es diesmal ins Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler geschafft – als einer von vier besonders krassen Fällen aus Sachsen-Anhalt. Auf Kosten des Bundes soll für 9,5 Millionen Euro ein neues Dienstgebäude in Berga entstehen und im April 2026 bezogen werden, heißt es im Schwarzbuch, das am Mittwoch vorgestellt worden ist.
Aus Steuerzahlersicht sei „unverständlich, dass funktionierende Strukturen und Kapazitäten aus Gründen des Zuständigkeitswechsels zerschlagen werden“, kritisiert Ralf Seibicke, Landesvorsitzender des Steuerzahlerbunds und früherer Chef des Landesrechnungshofs Sachsen-Anhalt, im Buch.
Denn es würden keine zusätzliche Aufgaben erledigt und auch kein zusätzlicher Kilometer Autobahn geschaffen. „Die Steuergelder in Millionenhöhe werden sich nach hiesiger Einschätzung nicht rentieren.“
Neue Organisation der Straßenmeisterei
Zum Hintergrund: Zurzeit ist für das westliche Kreisgebiet Mansfeld-Südharz die in Oberröblingen ansässige Straßenmeisterei zuständig. Als sogenannte Mischmeisterei betreut sie sowohl die Autobahnen als auch die Bundes-, Landes- und Kreisstraßen, wobei aber getrennte Verwaltungs- und Technikbereiche bestehen.
Von der Autobahn GmbH bezahlte Mitarbeiter kümmern sich um die Autobahnen, vom Land bezahlte Mitarbeiter um die Bundes- und Landesstraßen. Weil aber seit Anfang des vergangenen Jahres die bundeseigene Autobahn GmbH für die Autobahnen zuständig ist, werden nun die bisherigen Strukturen „entflochten“.
Also müsse „das Land Sachsen-Anhalt die bisher nach eigener Einschätzung bewährten Strukturen zerschlagen und den künftigen Betriebsdienst für das nachgeordnete Straßennetz, die Bundes- und Landesstraßen, neu organisieren“, heißt es im Schwarzbuch. Und weiter: Sogar das Landesministerium für Infrastruktur und Digitales sehe diesen Schritt kritisch.
Bund der Steuerzahler zweifelt am Sinn
Hingegen habe das Bundesverkehrsministerium, das damals von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) geführt wurde, die Entflechtung der bisherigen Strukturen als „unabdingbar“ betrachtet. Zu den damit verbundenen Kosten „konnte oder wollte man allerdings keine Aussage machen. Eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung dazu mit konkreten Zahlenangaben konnte der Bund auch nicht präsentieren.“
Berga ist übrigens kein Einzelfall, zwei ähnlich gelagerte Vorhaben kommen im Salzlandkreis und dem Harzkreis hinzu. Die Umstrukturierung dreier Straßenmeistereien in Sachsen-Anhalt bedeutet laut Schwarzbuch einen „riesigen Investitionsaufwand aus Bundes- und Landesmitteln“: 30,5 Millionen Euro aus Steuermitteln.
Doch ob und in welchem Umfang die strukturelle und räumliche Trennung tatsächlich die erhofften Effizienzgewinne nach sich zieht, sei „zweifelhaft“, teilt der Steuerzahlerbund mit und weist zugleich darauf hin, dass „damit auch bisherige Synergieeffekte aufgegeben“ würden.
„Es ist dem Bürger tatsächlich schwer zu erklären“
Die Landtagsabgeordnete Kathrin Tarricone (FDP) stimmt grundsätzlich dem Urteil des Steuerzahlerbundes zu. Dadurch, dass dies von der Vorgänger-Bundesregierung beschlossen worden sei, habe man allerdings auch keine Handhabe im Landtag mehr, sagt Tarricone, die Mitglied im Ausschuss für Infrastruktur und Digitales ist.
„Es ist dem Bürger tatsächlich schwer zu erklären.“ Der positive Effekt werde durch die nötigen Investitionen in die „Entflechtung“ verzögert. Vor allem auch angesichts der aktuellen Baupreise. Zudem habe es durchaus Synergieeffekte beim bisherigen Modell gegeben. „Aber es kann dennoch sein, dass man in 20 Jahren sagt: ,Gut, dass wir das gemacht haben’“, sagt die FDP-Kreisvorsitzende.
Weitere Einträge für MSH ins Schwarzbuch
Immerhin, für die Gemeinde Berga ist der geplante Neubau einer Straßenmeisterei durchaus eine gute Nachricht. Die Gemeinde hat nach MZ-Informationen bereits ein 1,5 Hektar großes Grundstück im Gewerbegebiet verkauft; der Quadratmeterpreis liegt bei rund 14 Euro. Und vielleicht, so die Hoffnung, fänden sich ja auch ein Bauunternehmen und weitere Gewerke aus der Region, die dort zum Zuge kommen könnten.
Allerdings beobachten die Bergaer diese Entwicklung vielleicht doch mit einer gewissen Abgeklärtheit. Denn in Berga gab es früher schon mal eine Straßenmeisterei. „Erst haben sie die Straßenmeistereien zusammengeschmissen, jetzt trennen sie sie wieder“, sagt ein Bergaer. „Das muss kein Mensch verstehen.“
Der aktuelle Eintrag ins Schwarzbuch ist freilich nicht der erste, der die Region betrifft. Mal stand das Land in der Kritik, weil es den 478 Hektar großen Flugplatz in Allstedt für 865.000 Euro verkauft hatte. Dem Landkreis wurde sein „Mifa-Deal“ zum Verhängnis; er kaufte das Grundstück für 5,7 Millionen Euro, um es an die Mifa zu vermieten; der Insolvenzverwalter forderte nebst Grundstück einen großen Teil der Mieteinnahmen zurück. Auch das „Zuchthotel für Feldhamster“ erwies sich als Schlagzeile.